Bischöfe zur Ukraine: Unsere Nachbarn jetzt nicht im Stich lassen

WIEN (kap) / "Lassen wir unsere Nachbarn jetzt nicht im Stich." Diesen Appell haben die österreichischen Bischöfe im Blick auf die einem "völkerrechtswidrigen Angriff Russlands" ausgesetzte Ukraine an die Bevölkerung gerichtet. Wenn es in diesen Tagen "auch so etwas wie eine gute Nachricht" gebe, dann die, dass die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Europa und auch in Österreich enorm seien. In einer Erklärung im Anschluss an ihre Frühjahrsvollversammlung in Matrei (Tirol) erwähnte die Bischofskonferenz am Freitag neben den ukrainisch griechisch-katholischen Gemeinden in Österreich die Caritas, die im Kriegsgebiet, in den Nachbarländern und auch in Österreich sehr viel zur Linderung der Not beitrügen.
Damit rasch und sinnvoll geholfen werden kann, braucht es nach den Worten der Bischöfe jetzt vor allem Geldspenden. Die Bischofskonferenz selbst stellt zusätzlich eine Million Euro für Ukraine-Hilfsprojekte der Caritas zur Verfügung.
Beeindruckt zeigten sich die Bischöfe von der in Österreich entstandenen Hilfsbereitschaft, etwa im Rahmen der Aktion "Nachbar in Not - Hilfe für die Ukraine". Daneben gebe es zahlreiche weitere Hilfsinitiativen. Als Drehscheibe für Hilfeleistungen in die Ukraine und die Nachbarländer sowie als Anlaufstelle für Geflüchtete hätten sich die Gemeinden der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Feldkirch etabliert. Die Bischöfe erinnerten an den Besuch von Mitgliedern der Bundesregierung und des Parlaments in der Wiener Pfarre St. Barbara als "ein starkes Zeichen der Solidarität".
Die Katholische Kirche werde so wie in der Vergangenheit als verlässliche Partnerin des Staates und der Zivilgesellschaft an der humanitären Hilfe für Geflüchtete, ihrer Aufnahme und Integration mitwirken, versicherten die Bischöfe. Dafür erforderliche Regelungen hinsichtlich Aufnahme, Wohnraum, sozialer Versorgung, Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Bildung solle die Politik so rasch wie möglich treffen, um den Geflüchteten und den Hilfsorganisationen die nötige Rechtssicherheit zu bieten.
"Wir sind an eurer Seite!"
Über das Ausmaß der Gewalt und des Leids in der Ukraine zeigten sich die Bischöfe erschüttert. Das Wort von Papst Franziskus - "Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit" - sei seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar für viele unschuldige Opfer "zu einer blutigen und bitteren Realität" geworden. Ihnen gelte das Versprechen: "Wir Bischöfe und so viele Menschen in Österreich tragen euch in unseren Herzen, wir leiden mit euch, ihr seid nicht allein, wir sind an eurer Seite!"
In klaren Worten wandten sich die Bischöfe gegen das Unrecht. "Den Überfall Russlands auf die freie und souveräne Ukraine" verurteilten sie entschieden. "Dieser Angriffskrieg ist eine himmelschreiende Sünde und er muss so schnell wie möglich beendet werden." Die Staatengemeinschaft müsse alles unternehmen, "damit die Waffen so rasch wie möglich schweigen und ein gerechter Friede möglich wird".
Pfarrgemeinderatswahl 2022: Neuerlicher Aufruf der Bischofskonferenz
Mit beeindruckenden Zahlen haben Österreichs Bischöfe ihren Aufruf an die Katholikinnen und Katholiken untermauert, an den Pfarrgemeinderatswahlen am kommenden Sonntag, 20. März, teilzunehmen: 4,3 Millionen Gläubige seien eingeladen, ihre Vertretungen in bundesweit rund 3.000 Pfarren für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Österreichweit gehörten zuletzt rund 45.000 Personen den Pfarrgemeinderäten (PGR) an, davon 28.000 als gewählte Mitglieder. Zähle man jene hinzu, die sich freiwillig in den pfarrlichen "Fachausschüssen" für Gottesdienstgestaltung, Soziales, Glaubensbildung, Jugend, Familie oder Schöpfungsverantwortung engagieren, ergebe dies geschätzt mehr als 300.000 Personen, die ehrenamtlich in den Pfarren tätig sind.
Wie die Bischofskonferenz weiter festhielt, sei eine Pfarre ohne PGR "heute unvorstellbar". Seit mehr als 50 Jahren gäben in diese Vertretungsgremien gewählte Frauen und Männer "der Kirche ein konkretes Gesicht". Pfarrgemeinderäte verkörperten "eine synodale und partizipative Kirche, die von Menschen aufgrund ihrer Taufe getragen und mitgestaltet wird". Wer sich im PGR engagiert, agiert nach den Worten der Bischöfe "in der Mitte von Kirche, Welt und Leben". Nicht umsonst laute das Motto der diesjährigen PGR-Wahlen "mittendrin".
Eine Bewährungsprobe für die Pfarren und Pfarrgemeinderäte sei die Corona-Pandemie gewesen. Diese hätten sich auch in dieser belastenden Situation, die die Bedeutung funktionierender "Netze des Füreinander-Daseins" einmal mehr aufgezeigt habe, "als unverzichtbar erwiesen". Die Bischöfe sprachen allen, die sich erneut oder erstmals für den Pfarrgemeinderat zur Verfügung stellen, ein großes Vergelt's Gott aus. Ihr freiwilliges Engagement sei keineswegs selbstverständlich: "Sie sind ein Geschenk für die Kirche und die Welt, für die sie Verantwortung übernehmen."
In Teuerungswelle Sozialstaat weiter stärken
Gerade jetzt, wo Menschen aufgrund der andauernden Pandemie und der massiven Teuerungswelle doppelt belastet sind, "muss der Sozialstaat weiter gestärkt werden". Das forderten die österreichischen Bischöfe am Freitag. Die derzeit hohe Inflation treffe nicht alle gleich, sondern jene Personen am meisten, die schon bisher einen Großteil ihres Einkommens für Wohnen, Energie und Lebensmittel ausgaben. Mit verschiedenen Maßnahmen sei es der Regierung gelungen, "drohende Massenarmut zu verhindern", so die Bischöfe. Einmalzahlungen wie der Teuerungsausgleich seien aber zu wenig. Es brauche auch langfristige Reformen bzw. Anpassungen der Sozialleistungen an das jetzige Preisniveau.
Auch wenn die Arbeitslosenzahlen zuletzt wieder sanken sind und ein Wirtschaftsaufschwung anderes vermuten lasse: "Viele Menschen in unserem Land finden sich in prekären Situationen wieder", warnten die Bischöfe. Armut, wenn auch oft versteckt, sei auch in einem reichen Land wie Österreich eine Realität. Die Pandemie habe bei vielen Menschen tiefe Spuren hinterlassen - in ihrem Alltag, ihrer Arbeitssituation, aber auch in ihrer Psyche.
Bischöfe mahnen in Krise zu "neuer Wertschätzung" für Familien
"In der Krise eine neue Wertschätzung" - das gebühre den Familien in Österreich, die sich in Zeiten der Pandemie und jetzt auch im Ukraine-Krieg als "kleinste, verlässliche Zellen unserer Gesellschaft" bewähren. Wie die Österreichische Bischofskonferenz nach ihrer Frühjahrsvollversammlung in Matrei (Tirol) in einer Erklärung zum derzeit laufenden kirchlichen "Jahr der Familie" hinwiesen, konnten Familien in den letzten zwei Jahren "nicht in den Lockdown gehen". Ihre hohe Bedeutung als "Überlebensnetzwerk der Gesellschaft" erfordere, dass bei allen politischen Maßnahmen mitbedacht werden müsse, wie sie sich auf Familien auswirken. Vor allem seien die Elternrechte zu respektieren, so die Bischöfe am Freitag.
Sie unterstrichen das Recht von Eltern, "zuallererst selbst für ihre Kinder verantwortlich zu sein, selbst zu entscheiden, wer die Kinder erzieht". Dies betreffe auch das Recht, "ob, und wenn ja, welche Außer-Haus-Betreuung in Anspruch genommen wird". Die Bischöfe lehnten jeder Druck auf Eltern ab, in einem größeren Ausmaß erwerbstätig zu sein, als von ihnen gewünscht. Sie forderten demgegenüber echte Wahlfreiheit, "Familie und Arbeit so zu verbinden, dass es dem Wohl der Kinder dient".
Synodalität ist für Bischöfe "bleibende Vorgabe" des Papstes
Die Katholische Kirche in Österreich beteiligt sich überzeugt am synodalen Prozess der Weltkirche, Papst Franziskus habe "mit seinem Verständnis von Synodalität eine bleibende Vorgabe für die Kirche gemacht": Das geht aus einer Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz im Anschluss an ihre Frühjahrsvollversammlung in Matrei (Tirol) hervor. Kirche sei "immer ein gemeinsames Auf-dem-Weg-Sein aller Getauften, ein Aufeinander-Hören von gläubigem Volk, Bischofskollegium und Papst", heißt es in dem am Freitag publizierten Text, der auch den Fahrplan bis zur abschließenden Bischofssynode im Herbst 2023 darlegt.
Synodalität sei "nicht optional", betonten die Bischöfe. Sie gehöre vielmehr zum Wesen der Kirche als einer "Gemeinschaft, in der alle Getauften zusammenarbeiten, um das Evangelium bis an die Ränder zu verkünden; einer Gemeinschaft, in der jede und jeder eine Stimme hat; einer Gemeinschaft, die im Hören aufeinander den Ruf des Heiligen Geistes zu erkennen sucht". Wenn diese Haltung des Hörens, der offenen Rede und der "Unterscheidung, was Gott uns sagen will", auf allen Ebenen der Kirche selbstverständlich gelebt werde, wird diese ihre Mission glaubwürdig und heilsam erfüllen können.
Nach dem Eröffnungsgottesdienst des Papstes im Oktober im Petersdom werde die erste Phase der Weltsynode zum Thema "Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission" so wie in allen Teilen der Welt auch in allen österreichischen Diözesen durchgeführt, erläuterten die Bischöfe. Zum einen seien Fragebögen zur Erhebung von Anliegen und Ideen der Gläubigen verteilt worden; zum anderen gehe es in Gesprächsrunden neben dem Aspekt von Gemeinschaft und Teilhabe auch um die Sendung der Christinnen und Christen als weiterem Themenschwerpunkt des synodalen Prozesses.
Prozdere bis zur Übergabe an Rom
Jede Diözese wird die Ergebnisse ihrer Erhebungen bis 10. April (Palmsonntag) an die Bischofskonferenz übermitteln und auch veröffentlichen, hieß es zum weiteren Prozedere. Aus diesen "diözesanen Synthesen" soll ein erster Entwurf einer österreichweiten Synthese vorbereitet werden, den die Bischöfe bei ihrer Sommervollversammlung im Juni in Mariazell diskutiert wollen. Bei einer dortigen "vorsynodalen Beratung" wollen die Mitglieder der Bischofskonferenz auch jeweils zwei diözesane Verantwortliche und zehn Vertreter österreichweiter Initiativen einbinden. Danach erfolge die Endredaktion der österreichweiten Synthese, die bis 15. August im vatikanischen Generalsekretariat der Synode einzubringen ist.
Konsens unter den österreichischen Diözesen besteht laut den Bischöfen schon jetzt darin, die synodalen Prozesse nicht mit Ende der diözesanen Phase der Weltsynode auslaufen zu lassen. Synodalität gelte es "darüber hinaus als Praxis zu etablieren". Die Bischöfe dankten in ihrer Erklärung allen, die sich an dem synodalen Prozess bereits beteiligten - trotz der Einschränkungen durch die Pandemie.
Ad-limina-Besuch im Advent 2022
In einem weiteren Text blickte die Bischofskonferenz auf ihren coronabedingt bereits zwei Mal verschobenen Ad-limina-Besuch in Rom voraus. Diese regelmäßig alle fünf Jahre durchzuführende "visitatio ad limina apostolorum" (Besuch an den Schwellen der Apostelgräber) erfolge nun vom 12. bis 17. Dezember 2022. Dabei sind Zusammenkünfte mit Papst Franziskus und Vertretern der vatikanischen Kurienbehörden geplant, um über die Situation der Kirche in Österreich zu beraten.
Der letzte Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe war im Jänner 2014. Die ursprünglich für Februar bzw. dann Dezember 2021 geplanten Termine mussten jeweils coronabedingt verschoben werden.