„Bin dankbar, dass ich meine Berufung leben darf“

Rupertusblatt: Herr Erzbischof, Sie wurden vor 30 Jahren, am 23. Juni 1991, zum Priester geweiht. Wie haben Sie das Jubiläum gefeiert?
Erzbischof Franz Lackner: Ich habe das Weihejubiläum ruhig begangen – mit der Hausgemeinschaft und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern feierte ich in der Früh heilige Messe, danach hatte ich noch Termine. Was mich sehr gefreut hat: Es haben mich viele Glückwünsche erreicht – telefonisch, schriftlich und über die sozialen Netzwerke. Ich bin immer wieder verwundert, wie schnell die Zeit vergangen ist. Grundsätzlich war es mir nicht wichtig, groß zu feiern. Ich habe die Zeit genutzt, um in Ruhe über die vergangenen 30 Jahre nachzudenken.
Rupertusblatt: Wie fällt Ihr Fazit aus?
Erzbischof Lackner: Ich kann überzeugt und aus vollem Herzen sagen: Ich habe die Entscheidung, Priester zu werden, nie bereut. Für die Menschen bittend und betend vor Gott zu stehen ist meine Berufung. Ich bin dankbar, dass ich sie leben darf.
Rupertusblatt: Wie präsent ist die eigene Priesterweihe noch? Sie haben im Grazer Dom durch Bischof Johann Weber die Weihe empfangen.
Erzbischof Lackner: Ja. Ich weiß noch, dass ich die Weihe – diese dichte und ausdrucksstarke Liturgie – sehr tief erlebt habe; ein überwältigender Tag. Wir waren damals zwölf Kandidaten. Unter meinen Weihekollegen war auch Bischof Hermann Glettler. Meine Mutter hatte mir Kelch und Patene gestiftet – ich feiere damit noch heute in der Kapelle im Bischofshaus die heilige Messe. Damit bin ich mit den Anfängen meines Priestertums täglich verbunden.
Rupertusblatt: Bei einer Tagung zum priesterlichen Dienst sagten Sie: Trotz Debatten um Zölibat und Missbrauch brauche die Kirche Priester, damit sie „lebbar und erlebbar bleibt“. Werden wir diese Priester in Zukunft haben? Heuer im Dom wurde nur ein Kandidat geweiht.
Erzbischof Lackner: Am Beginn des Römerbriefes stellt sich Paulus vor, dass er Knecht Christi Jesu ist, berufen zum Apostel; ausgesondert, das Evangelium Gottes zu verkünden. Ich glaube, dieser Ruf ergeht auch heute noch an uns und zeigt sich besonders in der Berufung zum Priester. Ausgesondert zu werden für diesen Dienst an Gott und den Menschen erfordert eine Gesamthingabe des Berufenen.
Ich bin zuversichtlich, dass Gott weiterhin Priester für seine Kirche rufen wird. Grundsätzlich gilt: Das gemeinsame Priestertum, zu dem alle Getauften und Gefirmten berufen sind, und das besondere Priestertum sind zwei kommunizierende Gefäße, die ein gemeinsames Ziel haben – der Welt von einem Gott zu künden, der uns nicht alleine lässt, sondern uns Zukunft geben will. Priester, Diakone, Pastoral- und Pfarrassistentinnen und -assistenten arbeiten gemeinsam daran, die Seelsorge vor Ort aufrecht zu erhalten und Akzente zu setzen. Wir müssen Zeugen und Bekenner sein, das ist Auftrag und Aufgabe von uns allen. Weil wir alle Arbeiter im Weinberg des Herrn sind.
Rupertusblatt: Sie feierten nicht nur Ihr Weihejubiläum, sondern am 14. Juli auch Ihren 65. Geburtstag. Das ist das Pensionsantrittsalter für Männer in Österreich. Sie haben erst im vergangenen Jahr den Vorsitz der Österreichischen Bischofskonferenz übernommen.
Erzbischof Lackner: Wir Bischöfe sind als Priester in den Dienst gestellt. Es ist vielmehr Berufung als ein Beruf. Ich habe keine Kinder, Enkelkinder, keine Familie, um die ich mich sorgen muss. Mein Leben ist ganz auf Gott und den Dienst an seiner Kirche ausgerichtet. Es ist schön und gut, wenn uns Priestern damit auch in diesem Alter etwas zugetraut wird – vorausgesetzt natürlich, man ist gesund und bei Kräften. Natürlich ist es andererseits auch zuweilen herausfordernd. Der Terminkalender wird immer voller.
Rupertusblatt: Ein Nachrichtenmagazin analysierte die Coronazeit mit Blick auf die Kirche und schrieb vom Verlust an theologischem Gewicht und gesellschaftlicher Relevanz. Wie sehen Sie das?
Erzbischof Lackner: Inwiefern Kirche relevant für die Gesellschaft ist, wird man aus Statistiken und Analysen nicht so einfach ableiten können. Kirche macht in ihren Grundaufträgen selten marktschreierisch auf sich aufmerksam, listet nicht in einer Art Leistungsschau ihre Erfolge auf. Das ist auch nicht die Logik des Evangeliums.
Gerade im sensiblen Bereich der Seelsorge an Armen, Kranken, an Menschen, die am Rand stehen, ist es alles andere als passend, große Töne zu schwingen, was hier von Seiten der Seelsorger und Seelsorgerinnen alles getan wird. Vieles geschieht im Verborgenen; das wahrt die Integrität und die Würde derer, die schwach und ohnmächtig sind. Wonach sich die Menschen sehnen – und das ist wohl in Debatten immer wieder mit „Relevanz“ gemeint – ist wohl, dass wir es nicht mehr klar genug kommunizieren können, welche Sinnzusammenhänge uns umtreiben.
Die Bemühungen sind groß: Im Online-Bereich tut sich sehr viel, Akzente werden gesetzt und Allianzen geschlossen, etwa mit Kunst, Kultur und Wissenschaft. In all diesen Bemühungen muss es uns immer um unsere Kernbotschaft gehen: Gott hat uns geliebt, ist mit uns einen Bund eingegangen, der niemals bricht. Das ist für uns alle relevant.
Franz Lackner wurde am 14. Juli 1956 als Anton Lackner in Feldbach geboren. Aufgewachsen ist er im südoststeirischen Dorf St. Anna am Aigen. Nach einer Elektrikerlehre und der Zeit als UNO-Soldat wuchs in ihm die Entscheidung, Priester zu werden. 1984 trat er in den Franziskanerorden ein und nahm den Ordensnamen Franz an. 1991 empfing er die Priesterweihe.
Am 8. Dezember 2002 wurde Lackner zum Bischof der Diözese Graz-Seckau geweiht. Am 12. Jänner 2014 übergab em. Erzbischof Alois Kothgasser im Salzburger Dom den Hirtenstab an seinen Nachfolger. Seit Juni 2020 ist Erzbischof Franz Lackner Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz.
Das Interview in voller Länge können Sie in der aktuellen Ausgabe 28 des Rupertusblatts nachlesen, außerdem auf <link www.meinekirchenzeitung.at/salzburg-tiroler-teil-rupertusblatt/c-kirche-hier-und-anderswo/bin-dankbar-dass-ich-meine-berufung-leben-darf_a24196;. <link abo.meinekirchenzeitung.at/abo-auswahl/salzburg-rupertusblatt/>>>> Zum Abo</link>