Begräbnis von P. Benno Mikocki
Liebe Trauergemeinde!
In Pater Benno haben wir einen außergewöhnlichen Menschen, aufmerksamen Mitbruder, einen tiefgläubigen Beter und einen bis zur letzten Stunde hingebungsvollen Priester verloren. Wir werden, ich darf wohl für viele sprechen, ihn vermissen. Ich selbst verdanke ihm zu einem Gutteil meine Berufung in den Franziskanerorden. Dazu ein kurzer Ausflug in meine Berufungsgeschichte. Ich besuchte als Spätberufenener das Aufbaugymnasium in Horn. Etwa ab der siebten Klasse machte ich mir Gedanken, wohin mich die priesterliche Berufung wohl weiter hinführen möchte. Ich spürte die Neigung zur Ordensberufung, wusste aber nicht wohin. Ich schwankte zwischen zwei Varianten, eine davon waren die Franziskaner. Just in dem Moment, als ich mich anlässlich der jährlich stattfindenden Exerzitien für die andere Variante innerlich entschieden hatte, empfing ich einen Brief von P. Benno. Als ich diesen gelesen hatte, stand jedoch die Entscheidung für die andere Variante fest: „Ich möchte Franziskaner werden.“ Seine respektvolle, aufmerksame Art, Gottes Wege und die Verantwortung personaler Freiheit nicht beeinflussend, und doch richtungsweisende Worte zu sprechen, hat mich berührt: „Wir würden uns freuen, wenn der Ruf Gottes Sie zu den Franziskanern führt.“ Das Wort, das man braucht, kann man sich nicht selber sagen. Dafür sage ich P. Benno ein herzliches Vergelt´s Gott!
P. Benno hatte eine tiefe Liebe und ein hohes Verständnis für das Wort Gottes. So ziemt es sich in dieser Trauerstunde dem Wort Gottes etwas mehr ins Detail gehend nachzuspüren. Denn die Bibelwissenschaften waren P. Benno wichtig. Er hat auch immer wieder gewichtige Experten aus dieser Zunft zu den Veranstaltungen der RSK-Gebetsgemeinschaft eingeladen. Einen Professor Schnackenburg z.B. in der Stadthalle bei der Marianamenfeier zu erleben, war für uns junge Franziskaner ein geistlich-geistiges Erlebnis.
Im Evangelium, das Frau Traude Gallhofer für ihren Vorgänger in der Leitung des RSK aussuchte, hat mich der erste Satz besonders angesprochen. Dort heißt es: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren.“ Bedurfte unser guter P. Benno einer derartigen Ermutigung, fragte ich mich in der Predigtvorbereitung? Ich glaube schon, denn P. Benno war sehr empfänglich für die großen Fragen des Lebens und den nicht minder gewichtigen infrage Stellungen des Glaubens überhaupt. Er war kein Mann schneller oder gar oberflächlicher Antworten. Er war ein Ringender und Suchender im Sinne des Hl. Augustinus. Von ihm wird das sinnreiche Wort überliefert: „Weil ich dich gefunden habe, Gott, suche ich dich.“ P. Benno scheute nicht den Kontakt mit den Gegnern des Glaubens. In jungen Priesterjahren erzählte er einst durchlebte die schwerste Nacht seines Lebens. Ein junger Mann kommunistischer Gesinnung behauptete in seinem Vortrag, alle Wahrheiten des Glaubens seien wissenschaftlich ohnehin schon erledigt. P. Benno war anwesend bei dieser Diskussion, er wich nicht aus. Bis drei Uhr früh diskutierte er mit den Leuten und versuchte für den Glauben einzustehen. Das hat ihn tief bewegt, wie gesagt, eine seiner schwersten Nächte. Ein anderes Beispiel seines Ringens und Suchens bezeugt das letzte Gespräch mit seinem Bruder, der kurz darauf verstarb. Darin erörternden sie die Sinnhaftigkeit der Entstehung der Welt durch einen souveränen Schöpfungsakt Gottes. Schließlich bis in die letzte Zeit seines Lebens, so Frau Traude Gallhofer, beschäftigte ihn die Frage, welche fast alle großen Geister umtreibt: „Woher das Böse, wenn Gott gut ist?“ Das sind Frage, die an der Existenz gläubigen Lebens durchaus rütteln. Gewiss traf die Ermahnung Jesu „euer Herz lasse sich nicht verwirren“ durchaus auf Leben und Wirken P. Benno zu; vielleicht wirkend sie auch tröstend.
Nun komme ich zu meinem kleinen exegetischen Exkurs. Das Wort „Verwirrung“, welches wir vorhin im Evangelium gehört haben, kommt im Evangelium nach Johannes noch drei Mal vor, dort betreffen sie Jesus und werden anders übersetzt.
Am Grab seines Freundes Lazarus. Anstelle von verwirrt lesen wir Jesus war „im Innersten erregt und erschüttert.“ Wenig später im selben Kapitel ist die Rede von der Stunde der Entscheidung. Jesus weiß, seine Stunde ist gekommen, wiederum ist nicht von Verwirrung die Rede, sondern es lautet: „meine Seele ist erschüttert.“ Und schließlich, nach der Fußwaschung der Jünger, heißt es: „Jesus wurde im Geiste erschüttert.“
Auf dieser Spur war auch unser lieber Mitbruder Benno unterwegs. Nicht verwirrt, aber tief getroffen, erschüttert von der Ohnmacht des Glaubens im Diskurs dieser Welt. Diese Erfahrung führte ihn noch näher zu Jesus Christus, dem Zentrum unseres Glaubens. Bis in die letzten Stunden seines Lebens, so das Zeugnis aus nächster Nähe, hinein konnte man ihn mit der Anrufung des Namens Jesu über die Gänge des Klosters gehen sehen.
P. Benno war ein großer Beter, getreu in der Nachfolge des Diener Gottes P. Peter Pavlicek. Der Friede in der Welt und der Friede in den Herzen der Menschen waren sein großes Anliegen. Immer bei sich selbst beginnend: „Zuerst muss man sich selber bekehren, dann erst um die Bekehrung der anderen beten.“
Unvergesslich bleibt seine liebevolle Art. Wer Hilfe brauchte, war bei P. Benno in guten Händen. Gewiss, er gehörte nicht zu den Geschicktesten im Umgang mit den täglichen Herausforderungen, aber sein Wesen war Hilfsbereitschaft.
In seiner Gegenwart war es nicht schwer von Gott zu sprechen. Ich habe es immer wieder erleben dürfen, wie beseelt bei Glaubensgesprächen präsent war, sich einbrachte und zuhören konnte, zuweilen mit feucht glänzenden Augen. Er hatte ein inniges Gespür für das Wesen des Glaubens.
Nun ist er heimgegangen, der Auferstehung, dem Zentrum christlichen Glaubens, entgegen. Uns bleiben Erinnerung und große Dankbarkeit. Und ein großes Werk, die Gebetsgemeinschaft Rosenkranzsühnegemeinschaft als Auftrag. In den Augen einer vornehmlich im praktischen Tun engagierten Welt, das geht weit bis in die Kirche hinein, mag das Gebet, das tägliche Gesätzchen Rosenkranz, veraltet erscheinen. Vergessen wir jedoch nicht. Es waren neben den Hirten, damals eher fragwürdige Gestalten im täglichen Umgang, und vergessen nicht die Sterndeuter, sie gehörten nicht zum auserwählten Volk, waren Fremde, neben diesen beiden Volksgruppen waren es alte Menschen, die zu den ersten gehörten, welche Jesus nicht nur als den Zimmermannsohn von Josef und Maria zu erkennen vermochten, sondern vielmehr den seit Langem ersehnten Erlöser, Jesus der Christus. Der greise Simeon und die betagte Hanna sind in einem System alt geworden, das Jesus zuweilen hart kritisierte, jedoch brannte in ihren Herzen ein Fünkchen Sehnsucht, eine Hoffnung, nicht eher zu sterben, ohne zuvor die Erfüllung ihrer Hoffnung zu sehen. Sie wurden von Gott nicht enttäuscht.
P. Benno hat von Pater Petrus Pavlicek ein großes Werk übernommen und es mit dem Einsatz seines ganzen Lebens treu bewahrt und weitergeführt. Dafür sagen wir ein aufrichtiges Vergelt´s Gott!
Nun liegt es an uns die Erbschaft anzutreten, ein betendes Gottesvolk zu werden, uns berühren zu lassen von den Freuden und Nöte der Zeit. Beseelt mit Sehnsucht und der Hoffnung, auf dass Friede sein möge, unter den Völkern und in den Herzen der Menschen.
Amen!