Ausprobieren und dabei wachsen

RB: „Der Salzburger Zukunftsprozess wird erst einen Aufbruch ermöglichen, wenn wirklich alle sich bewegen“, unterstrich der Innsbrucker Pastoraltheologe Christian Bauer beim Auftaktfest im Dom. Bewegen sich schon „alle“?
Sieberer: Es ist anfangs vielleicht etwas „zach“ gegangen. Doch mittlerweile ist eine beachtliche Zahl an Projekten hereingekommen und noch weitaus mehr Leute sind dran. Und genau das war ja unser Anliegen, dass möglichst viele Menschen sich überlegen: Wie stehen wir da, wo können wir was tun, wo müssen wir uns verbessern oder an welchen Schrauben sollten wir drehen? Überall wo etwas ausprobiert wird, bleibt etwas und kann etwas wachsen.
RB: Das Fundament des Zukunftsprozesses bildet ja der Dreischritt „hören – beten – handeln“. Wie ist es darum bestellt?
Sieberer: Das Hinhören ist nie abgeschlossen. Auf die Menschen hinhören heißt auch, auf Gottes Wort hinhören. Wir wollen, dass das Wort Gottes mehr zum Mittelpunkt allen kirchlichen Handelns wird. Überhaupt können wir das „hören, beten, handeln“ zum Pastoralgrundprinzip erheben. Dabei müssen wir nicht alles selber machen. Wir dürfen mit dem Wirken des Geistes Gottes rechnen. Dafür müssen wir ihm in unserem Leben Raum geben. Und letztlich müssen wir die Dinge dann entschieden anpacken und umsetzen.
RB: Welche Projekte wurden bisher eingereicht?
Sieberer: Derzeit sind es rund 50 Projekte. Thematisch sind sie in verschiedensten Bereichen angesiedelt. In Elixhausen wird eine Vision als Grundlage für das zukünftige pastorale Handeln entwickelt. Spannend ist das Stickeralbum der Katholischen Jungschar oder das Fairphone, das MitarbeiterInnen testen können … Hier alles aufzulisten ist unmöglich.
Tipp: Projektbeschreibungen und herausragende Beispiele unter www.zukunftsprozess.at
RB: Was hat es mit den Arbeitsgruppen auf sich, die den Zukunftsprozess begleiten?
Sieberer: Die Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit zentralen Fragen (Nachhaltigkeit, Ressourcen-Check, Qualität in der Pastoral). Bei Beratungstagen mit dem Erzbischof sollen die Erkenntnisse die Grundlage für zukunftsweisende Strategien bilden. Eine weitere Arbeitsgruppe hat im Blick wie ein sinnvolles pastorales Konzept für den städtischen Raum aussehen kann. Wenn Gemeinsamkeit in der Stadt Salzburg wachsen soll, dann muss sie als eine Einheit gedacht werden – damit gehen wir in die nächste Stadtkonferenz. Wir wollen keine Gottesdienststelle auflösen, wo Leute zum Beten und Feiern zusammenkommen. Die Idee ist zu schauen, was brauchen die Menschen und wie können wir das gut sicherstellen und zwar von einem Gesamtblick her.
RB: Eine Kooperation besteht mit der Universität. Es wird eine Reputationsstudie erstellt. Was erwarten Sie sich davon?
Sieberer: Die Grundfrage lautet: Wie werden wir als Kirche wahrgenommen? Dabei werden Medien analysiert und Befragungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden nicht alle schmeichelhaft sein, das ist schon klar. Ein erster Einblick zeigt: Wir müssen uns nicht verstecken, das Interesse an Kirche und an dem, was sie sagt und tut, ist relativ hoch. Die Studie kann uns einerseits Schwachstellen aufzeigen und andererseits Hinweise geben, wo wir besonders gefragt sind.
RB: Wenn Sie sich persönlich die Zukunft ausmalen – wie glauben Sie, steht die Kirche, die Erzdiözese in zehn Jahren da?
Sieberer: Ich bin kein Maler ... Fast ausrechnen können wir uns aber, dass wir in zehn Jahren noch weniger Priester haben. Die Frage ist, ob sich im Zugang zum Amt etwas grundlegend ändert. Ich hoffe schon, da tut sich etwas. Ansonsten werden es die lebendigen, kleineren Gemeinschaften und Gemeinden sein, die christliches Leben prägen und aufrecht erhalten. Wir sehen das in manchen südlichen Ländern. So wird es auch bei uns, glaube ich. Die Organisation kann auf größere Räume ausgerichtet sein, doch das Spirituelle braucht kleine, intime Räume, braucht die Nähe.
Foto (ibu): Prälat Balthasar Sieberer freut sich als Projektleiter des „Zukunftsprozesses 2018“ über viele Beteiligte und lädt weiter dazu ein, an einer zukunftsfähigen Kirche mitzubauen.
"Zukunftsprozess 2018"
Zu Pfingsten jährt sich der Auftakt zum diözesanen Erneuerungspro-
zess. Ziel ist es, gemeinsam an einer zukunftsfähigen Kirche zu bauen. Noch bis Ruperti 2018 soll das Experimentieren und Forschen im Mittelpunkt stehen. Pfarren und Einrichtungen erproben Zu-kunftsprojekte in der Praxis. ExpertInnen unterstützen sie bei der Entwicklung und Umsetzung. An-schließend wird Gelungenes zum Modell erhoben und Eingang in die pastorale Praxis finden. Höhepunkt ist das Zukunftsfest vom 22. bis 24. September 2018. Weitere Infos: www.zukunftsprozess.at