Aschermittwoch
Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst, lieber Herr Generalvikar,
sehr geehrte Grabesritter und Ordensdamen, liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
wir haben es soeben gehört: Wenn wir fasten, sollen wir dabei kein trauriges Gesicht machen. Darum wage ich es auch, diese Predigt mit einem Zitat von Wilhelm Busch zu beginnen:
„Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.“
Ein wenig ist es so wie mit dem Geld: das Wünschen hat keinen Sättigungsgrad. Dagegen möchte ich ein Wort von Rainer Maria Rilke bringen, der mit seinem feinen Gespür erkannt hat, dass im Wünschen etwas tieferes liegt, ein transzendentes Element, das uns zu Gott führen will. Er sagt:
„Vielleicht ist der der Glücklichste, der so große Wünsche hat, dass er gar nicht auf Erfüllung wartet, der über dem Wunsch das Wünschen meinen und lieben lernt.“
Dazu fügt sich fast nahtlos ein Zitat des Heiligen Augustinus:
„Unruhig ist unser Herz, bis es ruht, oh Gott, in dir.“
Liebe Schwestern und Brüder, wir haben in diesem Aschermittwochsevangelium gleichsam die drei Säulen des christlichen Lebens gehört: Das Almosengeben, die Diakonie – das ist die Beziehung zueinander. Dann das Leben im Gebet – das ist die Beziehung zu Gott. Und das Fasten – das schließlich ist die Beziehung zu uns selbst. Alle drei Elemente bilden das öffentliche Wirken Jesu. Er beginnt dieses öffentliche Wirken mit einer vierzigtägigen Fastenzeit, so wie wir jetzt. Er, der von Gott kommt, der in Nazareth, im grauen Alltag gewissermaßen, die leibliche Gegenwart Gottes verkörpert hat – er setzt sich dem Fasten aus, und auch der Versuchung, und er widersteht. Und wie widersteht er? Indem er in der Versuchung immer wieder auf Gott verweist. „Du bist ja der Sohn Gottes, du kannst aus Steinen Brot machen!“ – aber er tut es nicht, weil er nicht allein aus sich heraus wirken möchte. Alle drei Versuchungen wehrt er mit dem Verweis auf die Heilige Schrift ab.
Auch heute gibt es diese Versuchung. Im Evangelium haben wir gehört „Sie haben ihren Lohn bereits erhalten“. Die Frage, die wir in dieser Fastenzeit besonders stellen müssen, ist: Aus welchem Motiv heraus, aus welcher Gesinnung tun wir Gutes, sind wir solidarisch? Was ist unsere innerste Einstellung, wenn wir beten?
Es mag banal klingen, aber heute müsste es bisweilen fast heißen „Vater unser auf Erden“, wenn wir all unser Tun auf das Hier und Jetzt ausrichten. Doch wenn Jesus im Evangelium betet, blickt er in den Himmel. Er weiß: Wünsche, Anliegen, die Mission die er zu erfüllen hat – all das ist allein auf Erden und mit irdischen Mittlen nicht zu machen. Es braucht die lebendige Verbindung zum Vater im Himmel, ohne Ihn lässt sich nichts tun. Liebe Schwestern und Brüder, das ist auch unsere Aufgabe, besonders in der Fastenzeit, wo wir Einkehr halten, wo wir uns besinnen auf das Wesentliche des Glaubens: Die Gottesbeziehung sehnsuchtsvoll in Erinnerung halten und sie in uns wachsen lassen.
Besonders in diesem Jahr sind wir dazu aufgerufen, wo erneut ein Krieg ausgebrochen ist, der auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte, die Versöhnung erschweren wird. Ich war heute bei Landeshauptmann Haslauer, er hat eingeladen und gebeten, dass die Kirche mithelfe. Diese Einladung müssen wir als Christinnen und Christen wahrnehmen. Wir müssen bereit sein, solidarisch zu sein, im Sinne Jesu Almosen zu geben, Nächstenliebe zu üben, unsere Herzen und Hände zu öffnen für die Flüchtlinge, die kommen werden. In den Pfarrgemeinden werden wir Plätze suchen, wo sie Ruhe finden können, wo sie getröstet werden und ihre Wunden heilen können – wo sie echte christliche Nächstenliebe erfahren dürfen. Es ist wichtig, dass wir diese Herausforderung aus der Verbundenheit mit Gott annehmen – nicht nur aus reiner irdischer Barmherzigkeit heraus. Fasten, das ist Nächstenliebe und Gottesliebe in einem.
Liebe Schwestern und Brüder, in dieser Gesinnung wird unser Herz weit und tief. Dazu sind wir in dieser schwierigen Zeit aufgerufen. Der Friede auf der ganzen Welt ist in Gefahr, er war auch hier in unserem Land schon brüchig geworden. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten oft von der Spaltung in unserer Gesellschaft gehört, dass Menschen sich verlassen fühlen, sich nicht vertreten fühlen – auch nicht von der Kirche. Die Austrittszahlen sind erschreckend hoch. Beten wir also um Frieden, beten wir ein Gesätz des Rosenkranzes. Schon vor einiger Zeit habe ich eine Karte mit einem Aufruf zum Gebet um Frieden herausgegeben – die Initiative dazu geht zurück auf meinen Mitbruder P. Petrus Pavlicek. Im Anschluss an diese Feier können diese Karten und auch eigens gesegnete Rosenkränze mitgenommen werden.
Gehen wir hinaus, wirken wir hinein die Welt um uns herum. Von dem, was wir hier tun, wie wir hier das Verständnis füreinander üben, auch wenn unsere Meinungen auseinander gehen – auch davon hängt der Weltfrieden ab. Das ist der Beitrag, den wir leisten können und aus dem Anspruch unseres Glauben heraus auch leisten sollen. So beginnen wir nun diese Fastenzeit – in Stille, während die Bußglocke läutet, und bitten wir Gott um Sein Erbarmen, Seine Gnade, und Seinen Frieden für alle.