Als Kirche da für die Menschen

RB: Als Pfarrer in der Großpfarre Saalfelden waren Sie klarerweise bereits mit Leitungsaufgaben betraut. Wie unterscheiden sich diese von jenen als Seelsorgeamtsleiter?
Roland Rasser: Das Kernteam in der Pfarre war wie eine große Familie. Das Seelsorgeamt gleicht einem Betrieb mit vielen Spezialkompetenzen und Dienstleistungen für diözesane Aufgaben. In Saalfelden standen Begegnungen im Mittelpunkt, die sich aus dem Leben der Pfarre ergaben, hier im Seelsorgeamt sehe ich sehr viel Konzept-, Planungs- und Vernetzungsarbeit. Zudem sind wir eine Servicestelle für verschiedene Sparten der Seelsorge wie Krankenpastoral, Pfarrgemeinderäte, Liturgie oder Ökumene.
RB: Welche Pläne haben Sie nun? Wie möchten Sie sich von Ihrem Vorgänger Prälat Balthasar Sieberer abheben?
Rasser: Zunächst einmal gilt es, für mich in den laufenden Betrieb hineinzufinden. Der Zukunftsprozess 2018, die Pfarrgemeinderatswahl im März 2017 und die Stadtpastoral sind gerade die aktuellen Themen. Das läuft höchst professionell, habe ich den Eindruck, da ist alles auf Schiene, sodass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut auf die Fragen und Sorgen der Menschen eingehen können.
Abheben von meinem Vorgänger möchte ich mich nicht. Prälat Sieberer hat alles in jahrzehntelanger Entwicklung aufgebaut und ein wohl bestelltes Haus übergeben. Ich will mich erst einmal mit allem vertraut machen und dann das Bestehende nach der Maßgabe des Evangeliums weiterentwickeln.
RB: Wie gehen Sie mit den sich ändernden Strukturen in der Seelsorge um?
Rasser: Der erste Schritt ist nachdenken: Entsprechen die Strukturen noch den Erfordernissen der Zeit? Braucht es neue Impulse? Wie müssen wir reagieren, um die Menschen unserer Zeit zu erreichen? Ich sehe die Entwicklung von hierarchischen zu dialogischen Strukturen unter dem Anspruch des Evangeliums. In diese Richtung sind wir unterwegs.
RB: Neue Wege gehen, heißt alte Pfade verlassen. Wie nimmt man Gläubige dabei mit?
Rasser: Beim Zukunftsprozess etwa sind alle eingeladen mitzuwirken, in Form von Projekten. Die Verbindung zum Seelsorgeamt ist, dass gelungene Initiativen Beispielwirkung haben sollen. Wir wollen den Menschen in der heutigen Zeit als Kirche zur Seite stehen. Aus dem Schatz, den uns die Botschaft des Evangeliums bietet, möchten wir mit den Menschen so in Beziehung treten, dass heilsame Erfahrungen daraus erwachsen können. Aus solchen Begegnungen habe ich meine eigene Reifung erlebt.
Das Seelsorgeamt unterstützt dabei mit seinen vielen Abteilungen, die dem Auftrag der Kirche entsprechen: Diakonie, Liturgie und Verkündigung. Vielfach sind Frauen die Spezialistinnen, die eingearbeitet sind, zu Fortbildungen einladen und Materialien als Hilfe für die konkrete Pfarrseelsorge erstellen.
RB: Welchen Stellenwert hat das Wissen um Glaubensinhalte in der Pastoral?
Rasser: Das Wissen ist nur ein Teilbereich des Lebens, entscheidend ist, was in den persönlichen und gemeinschaftlichen Lebensvollzug Eingang findet. Da spielt die Erfahrung eine große Rolle. Mein Anliegen ist es, solche lebensgeschichtliche Erfahrungen der Menschen zu verknüpfen mit dem Wirken unseres Gottes, der alles heilen und zum geheilten Dasein wandeln kann. Diesen heilenden Gott, an den wir glauben, erfahrbar zu machen, ist ja auch Aufgabe der Nächstenliebe.
RB: Wie sieht für Sie ein typischer Tag aus?
Rasser: Der erste Weg als Dompfarrer ist der zur Frühmesse um 6.30 Uhr. Da beginnen wir den Tag mit einer kleinen, aber treuen Feiergemeinde. Nach dem Frühstück treffe ich mich mit dem Pfarrsekretär, der die Agenden mustergültig im Blick hat. Danach geht es ins Amt, wo eine Fülle an Terminen wartet: zur Vernetzung mit anderen Diözesen, mit den einzelnen Abteilungen im Seelsorgeamt – Tourismus, Notfallseelsorge, Spiritualität und viele andere. Dazu kommen Einrichtungen wie die Telefonseelsorge oder die Partner- und Familienberatung. Mit allen 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Kontakt zu kommen und einen Überblick über ihre Arbeitsbereiche zu bekommen, das ist jetzt noch eine Herausforderung.
Roland Rasser wurde 1952 in Oberndorf bei Salzburg geboren und 1985 zum Priester geweiht. Er wirkte zunächst als Kooperator und Religionslehrer in Saalfelden und kam 1988 als Kooperator nach Salzburg/St. Andrä. Von 1989 bis 1995 wirkte Rasser als Präfekt im Erzbischöflichen Privatgymnasium Borromäum, bevor er 1995 zum Stadtpfarrer von Saalfelden ernannt wurde. Seit 2011 ist er Regionaldechant für den Lungau, Pinzgau und Pongau. Rasser gilt als innovativer Pfarrer, dem in der Großpfarre Saalfelden eine gute seelsorgliche Arbeit ein besonderes Anliegen war. Mit September 2016 hat er die Leitung des Seelsorgeamts und die Dompfarre übernommen.
Interview: RUPERTUSBLATT / Sandra Bernhofer
Foto: Roland Rasser, der neue Leiter des diözesanen Seelsorgeamtes, hält sich gerne auf dem Laufenden, über das, was in den Gemeinden der Erzdiözese Salzburg vor sich geht. Auf seinem Schreibtisch dürfen Pfarrbriefe aus allen Regionen daher nicht fehlen. Foto: sab