100 Jahre Andreas-Petrus-Werk
Im Namen des + Vaters und des + Sohnes und des + Heiligen Geistes.
Gelobt sei Jesus Christus!
Schwestern und Brüder!
Der Begriff „Göttliche Liturgie“ hat mich von jeher mit einer staunenden Faszination erfüllt – in ihm ist nicht nur ausgedrückt, dass wir die Liturgie für Gott feiern, sondern dass auch der menschenfreundliche Gott, der in Jesus Christus unter uns gewohnt hat, selbst mit uns feiert. In ihr, so empfinde ich es immer wieder, steht uns der Himmel ein Stück weit offen – soweit wir als Menschen es zu fassen vermögen. Wohl ist die Feier uns allen mit unseren Nöten, Ängsten und Sorgen offen, doch ihr Ziel geht – fern aller irdischer Geschäftigkeit – allein in eine Richtung: Hin auf den dreifaltigen Gott, den wir als Vater anrufen, als Sohn im Sakrament empfangen und als Geist in den Worten der Schrift vernehmen.
Im Neuen Testament erfahren wir die Göttlichkeit des auferstandenen Jesu besonders in der Begegnung mit Maria Magdalena: Als sie weinend in das leere Grab hineinblickt, sieht sie zwei Engel. Sie fragen sie, warum sie weine. Maria antwortet, man habe den Herren weggenommen, und sie wisse nicht, wo er ist. Sie dreht sich um und erblickt den Auferstandenen, den sie für den Gärtner hält. Doch als er sie beim Namen ruft, so lesen wir, erkennt sie ihn – erneut heißt es nun: „Sie wandte sie sich um“. Wie Eckhard Nordhofen zeigt, ist damit gemeint: Sie wandte sich von Jesus ab, denn als sie ihn mit „Rabbuni“ anspricht, was sowohl „mein Meister“ als auch „Herr der Welten“ meinen kann, da sieht sie ihn schlagartig für einen kurzen Moment auch in seiner Göttlichkeit – und Gottes Antlitz vermag kein Mensch zu schauen oder zu fassen.
Die Sorge für die Verbreitung und das Wachhalten der reichen ostkirchlichen Tradition ist von jeher im Zentrum des Wirkens des Andreas-Petrus-Werks. Seit nunmehr einem Jahrhundert trägt seine Arbeit Früchte, und indem wir uns alle vereinen in unseren Wünschen für ein weiterdauerndes segensreiches Wirken, sagen wir auch von Herzen Vergelt’s Gott für alles bisher Geleistete! Orient und Okzident sind die beiden Lungenflügel, aus denen die Tradition der Kirche atmet.
Anlässlich dieses Jubiläums schließt sich thematisch jedoch auch der Kreis mit der bedrückenden Realität unserer Tage: Das Andreas-Petrus-Werk entstand einst aus dem „Ukrainischen Religionskomitee“, das ins Leben gerufen wurde, um die Not von Geflohenen aus den auch vor hundert Jahren schon kriegsversehrten Gebieten im Osten zu lindern. In dieser Kirche hier lud mich im Juni 2022 Weihbischof Stepan Sus in die Ukraine ein; seit Beginn des russischen Angriffs ist St. Markus vielen Geflüchteten eine kleine, neue Heimat in der Fremde geworden. Hier wird Hilfe für die Ukraine koordiniert, auch das Andreas-Petrus-Werk konnte bereits tatkräftige Unterstützung leisten, zuletzt für die Rehabilitation körperlich und seelisch Verwundeter.
Vor einigen Wochen erreichte mich ein Brief Seiner Seligkeit Swjatoslaws, des Großerzbischofs von Kiew, den ich auf meiner Ukrainereise auch persönlich treffen konnte. In ihm schreibt er: „In allem verstehen wir unsere Berufung darin, Gemeinschaften zu fördern, in denen die Liebe Gottes nicht nur gelehrt, sondern auch erfahren werden kann, in denen der Keim der Neugier mit einem einladenden „Komm und du wirst sehen!“ geweckt werden kann.“ – „Kommt und seht!“ – diese Worte Jesu haben wir im Evangelium zum heutigen Fest des Apostels Andreas gehört. Auf dieses Wort hin folgte Andreas Jesus nach und führte seinen Bruder Simon zu ihm. Im Kondákion des heutigen Festes heißt es weiter: „Denn wie einst, so ruft er auch jetzt uns zu: ‚Kommt, denn gefunden haben wir den Ersehnten!‘“
Christus vertrauen wir nicht allein, weil er Mensch war, sondern weil er Gott ist. Ihn in den Mittelpunkt zu stellen ist Aufgabe unserer Kirche, so betonte es erst kürzlich Papst Franziskus. Das Andreas-Petrus-Werk leistet hier seinen wichtigen Beitrag, den reichen Schatz östlicher Spiritualität auch in unseren Breiten als einen Weg zu Jesus aufzuzeigen. Die regelmäßige Feier der Göttlichen Liturgie in deutscher Sprache in Salzburg ist Zeugnis dessen. Wir brauchen in diesen Tagen, da unsere Gesellschaft religiös unmusikalisch geworden ist, die Erinnerung an den von der Anabasis geprägten Weg östlicher und damit gerade auch österlicher Spiritualität.
Im Dank für das Wirken des Andreas-Petrus-Werks weiß ich mich auch mit allen heute Feiernden vereint im Gebet für den Frieden in der Ukraine, die mit Österreich, mit dem Werk und gerade auch mit dieser Kirche so eng verbunden ist. Möge sich der Allmächtige auf die Fürbitte der Allerheiligsten Gottesgebärerin, des Apostels Andreas und des Evangelisten Markus erbarmen und das Bemühen aller stärken, die für den Frieden in der Welt arbeiten. – Gelobt sei Jesus Christus!