Seelsorge: Wir sind da!

SALZBURG (eds) / „Ohnmacht und Trauer greifen um sich, ein Ringen um Orientierung. Man möchte schweigen, es fehlen einem die Worte und dennoch darf es kein Schweigen geben“: Mit diesen Worten reagierte Erzbischof Franz Lackner am Dienstag auf den Amoklauf in Graz. – Das schreckliche Ereignis des Amoklaufs am Grazer BORG führt vor Augen, wie dramatisch sich das Leben von einer Sekunde auf die andere verändern kann: Das betonte Detlef Schwarz, Referent für Notfallseelsorge. „Es erschüttert unsere Grundannahmen eines sicheren und behüteten Lebens.“ Ob direkt betroffen oder auch als mitfühlende Menschen – das Leid der Menschen berühre und hinterlasse Spuren auf der Seele. „Sich in solch einer Situation der Ohnmacht, die zutiefst ängstigend sein kann, Hilfe zu holen, ist ein erstes Zeichen von Stärke.“ Auch die verschiedenen Angebote der Seelsorge in der Erzdiözese Salzburg signalisieren: „Wir sind da!“
Schwarz weiter: „Beim Auftreten von Belastungsreaktionen, wie kreisende Gedanken, die sich nicht von dem Ereignis lösen können, Schlaflosigkeit oder gar Panikattacken, ermutige ich Sie, zum einen das freundschaftliche Gespräch zu suchen, das oft schon sehr erleichternd ist. Zum anderen aber auch, sich im Bedarfsfall bei den unterschiedlichen Hilfsangeboten kundig zu machen und Kontakt aufzunehmen, wenn es mehr braucht.“ Abschließend bekräftigte er: „Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Verstorbenen und den Hinterbliebenen in Graz.“
Vertraulicher Raum für Gespräche ist wichtig
Ernst Wageneder, Seelsorger am Erzbischöflichen Privatgymnasium Borromäum, sieht die Schulseelsorge eingebunden ins Lehrerkollegium und in die Schulgemeinschaft. „Nach dem Amoklauf haben wir stufenweise mit den Schülerinnen und Schülern gesprochen.“ Im Mittelpunkt standen die Fragen, wo psychische Sicherheiten gegeben sind und wo jede und jeder den persönlich unbekannten Schülerinnen und Schülern beistehen kann. Die Schulgemeinschaft traf sich zu einem zehn-minütigen Gebet. „Wir haben in den Fokus gestellt, wie wir in Zukunft miteinander leben können, um eine Sicherheit in den Begegnungen zu schaffen.“ Auch die Schweigeminute am Mittwoch um 10 Uhr wurde gemeinsam abgehalten. Zudem wurde in dieser Unterrichtsstunde die Möglichkeit zu Fragerunden in den Klassen gegeben.
Seit Dienstag sei er vielfach in der Schule gewesen und habe in der Gesprächsoase Gespräche angeboten, erzählte Wageneder. „Die Schulseelsorge zeigt mir: Mit der wöchentlichen Gesprächsoase am Mittwochvormittag haben Schülerinnen und Schüler einen vertraulichen Raum und können ohne jeglichen Druck darüber sprechen, was ihnen am Herzen liegt.“ Die Gespräche dauern etwa 30 Minuten. Dieses Angebot werde stark genutzt. Für die Zukunft könne und solle die Schulgemeinschaft weiterhin den Rahmen für die Gesprächsoase bieten. „Zusätzlich soll es Notfallgesprächsangebote geben und auch eine Begleitung in Trauerfällen. Ich möchte in Trauerfällen den Raum öffnen, in Grenzerfahrungen den Schülerinnen und Schülern einen freien Raum zu bieten für das Empfinden von Leiden und Schmerzen. Wichtig wird auch sein, Resilienzworkshops und Achtsamkeitsgespräche anzubieten.“
Mentale Gesundheit im Schulkontext
Im Privatgymnasium der Herz-Jesu-Missionare gibt es heuer das neue Fünf-Jahres-Thema „Auch in Zukunft Mensch sein“. Der Jahresschwerpunkt liegt am Thema Resilienz und psychische Gesundheit. Dazu hat sich die Schule die „mental health days“ geholt und mit jeder Schulstufe ein anderes Thema bearbeitet, darunter waren Mobbing, Körperbild, Handy- und Internet-Sucht, Leistungs- und Prüfungsangst, Sucht, Suizidalität und (Existenz-)Ängste. (Infos: www.mentalhealthdays.eu)
Barbara Haupt unterrichtet Deutsch und ist auch Lehrerin für Psychologie und Philosophie. Sie unterrichtet seit 11 Jahren bei den Herz-Jesu-Missionaren und ist dort im seit zwei Jahren bestehenden Schulteam Mentale Gesundheit. Sie erzählt, die Jahre 2022 und 2023 haben die Schule krisengeschüttelt aufgrund eines tödlichen Unfalls und zweier Suizide von Schülerinnen und Schülern. Auch aufgrund dessen haben neun Lehrende die Ausbildung „Erste Hilfe für die Seele Jugendlicher“ bei der pro mente absolviert. Die „mental health days“ seien ein gutes Einstiegsprogramm. Vertiefungsworkshops sollen über die fünf Jahre hinaus folgen. Seit 2 Jahren gebe es zudem eine Schulpsychologin, die wöchentlich an die Schule kommt und immer ausgebucht ist. „Der Bedarf ist hoch und seit Beginn der Corona-Pandemie gestiegen.“ Die Schule sieht Haupt als wichtige Schnittstelle. „Mit unserer Ausbildung können und wollen wir eine gute Überbrückungshilfe sein.“ Ihre Beobachtung: Durch das gezielte Thematisieren ist mehr Bewusstsein für psychische Gesundheit da und das Thema weniger stigmatisiert. „Mädchen sind eher bereit zu sagen, mir geht es schlecht.“ Themen sind vor allem Leistungsdruck, extremer Perfektionismus und Essstörungen.
Angebote der Erzdiözese Salzburg
Etwa 140 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Salzburger Telefonseelsorge haben ein offenes Ohr für Ihre Anliegen. Reden hilft. Schreiben tut der Seele gut. Der Notruf 142 ist Tag und Nacht aus dem gesamten Bundesland Salzburg kostenlos erreichbar, Zugang zu E-Mail-, Chat- und Messenger-Beratung via WhatsApp: www.ts142.at.
Das Team der „kids-line“ ist täglich von 13 bis 21 Uhr erreichbar unter der Hotline 0800/234 123 (kostenlos und anonym aus ganz Österreich) und international kostenlos und anonym per Chat und E-Mail. (Infos: www.kids-line.at).
Auch die Notrufnummer 147 Rat auf Draht ist eine wichtige Anlaufstelle bei Problemen, Fragen und in Krisensituationen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Für den Akutfall vor Ort kann das Kriseninterventionsteam des RK Salzburg und die Notfallseelsorge über die Rettungsleitstelle, Rufnummer 144, alarmiert werden.