Theologe: Plädoyer für mehr Pastoral, die „nicht dumm machen lässt“
SALZBURG (eds) / Mehr Pastoral, die „nicht dumm machen lässt“, Mut zur Veränderung und eine kritische-konstruktive Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der aktuellen Zeit: Dazu fordert Salvatore Loiero, neuer Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, auf. Seine öffentliche Antrittsvorlesung am Donnerstagabend trug den Titel „Der Widerspenstigen Hoffnung – Plädoyer für mehr Pastoral, die ‚nicht dumm machen lässt‘“. Anhand eines Zitats des Philosophen Theodor W. Adorno führte er seine Perspektive einer Pastoraltheologie und Seelsorge aus, die auf den einzelnen Menschen ausgerichtet ist. Salvatore Loiero ist seit 1. September 2023 Professor für Pastoraltheologie in Salzburg, zuvor war er an der Universität Fribourg in der Schweiz.
Im Bewusstsein, dass das Leben nicht immer das pure Glück bereithält, ist es Loiero ein Anliegen, als kirchlich engagierter Menschen anderen Menschen, denen er im Alltag begegnet, zu helfen, glücklicher zu sein, wie er im Nachklang seines Vortrags betonte. Das titelgebende Zitat des Philosophen Theodor W. Adorno bringe für ihn zum Ausdruck, dass Unterstützungsleistungen oft mit der Erwartung einer Gegenleistung verbunden werden. Für Loiero steht jedoch der Mensch gegenüber im Mittelpunkt einer Unterstützung, ganz ohne Gegenleistungsansprüche. Laut Loiero müsse die kirchliche Seelsorge ihre Orte des Tuns „nicht suchen“. Denn dort, wo die Trauer und Nöte der Menschen sind, ebenso wie die Freude, „das sind die Orte, die die Pastoral vorgeben, nicht dort, wo wir glauben“. Für Loiero ist Österreich im positiven Sinne ein Ort, wo Diskussionen um weltkirchlich herausfordernde Themen wie das Diakonat für Frauen offen geführt werden können.
Unter den Gästen des Abends waren unter anderem Erzbischof Franz Lackner, die Vizerektorinnen der Universität Salzburg, Jutta Horejs-Höck für Forschung und Nachhaltigkeit und Kristin de Troyer von der KTF für Kommunikation und Wissenschaftmanagement, zudem Rektor em. der Universität Bamberg und Gründungspräsident der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung kanonischer Studiengänge (AKAST), Prof. Alfred Hierold und die derzeitige AKAST-Geschäftsführerin Barbara Reitmeier sowie Departmentspräsidentin der Praktischen Theologie der Universität Fribourg in der Schweiz, der vormaligen Wirkstätte Salvatore Loieros: ord. Professorin Astrid Kaptijn.
Kirche braucht mehr Mut
Für Dekan Dietmar W. Winkler ist die Antrittsvorlesung ein „Höhepunkt“ gleich zu Beginn des Sommersemesters. Der Professor für Patristik und Kirchengeschichte betonte, mit Salvatore Loiero bekomme die Fakultät einen „hervorragenden Wissenschaftler und Pastoraltheologen, der weiß, dass die Kirche mehr Mut und kritisches Engagement benötigt und zugleich weniger ‚spirituelle Bubbles‘ und Privatisierung“, zitierte er aus einem aktuellen Podcast in der Reihe „Diesseits von Eden“: „Die kritische Kraft der Kirche macht aus, dass sie auch für die die Stimmen erhebt, die sonst keine Stimme hätten“. Die Studierenden sollen, bekräftigte Winkler, „den Mut zur Veränderung haben, sollen kreativ mit Herausforderungen umgehen können und wissen, worauf es letztlich ankommt. – Und dafür brauchen wir einen Pastoraltheologen wie Salvatore Loiero“, würdigte er den neuen Professor.
Winkler verwies in seinen Begrüßungsworten auch auf den Beginn von Lieve M. Teugels als Marko Feingold Distinguished Fellow mit diesem Semester, bis Ende des Jahres 2024. Sie ist seit 2016 associate professor of Semitics and Jewish Studies an der Protestantischen Theologischen Universität in Amsterdam. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die rabbinische Literatur.
Gottesdienst im Zeichen der Dankbarkeit
Die von Professor Franz Gmainer-Pranzl, Leiter des Zentrums für Theologie Interkulturell und Studium der Religionen, geleitete Messe zu Beginn des Abends stand im Zeichen der Dankbarkeit in Zeiten der Krisen und Kriege. Doktorandin Julia Feldbauer sprach auf Basis des Lukas-Evangeliums (11,14-23) über Momente und Geschehnisse, in denen die Worte fehlen oder wo eben diese helfen können. Sie führte aus: „Gott wünscht sich eine Beziehung zu jedem einzelnen von uns.“ Letztendlich gehe es aber auch darum, die zwischenmenschlichen Beziehungen mit guten Worten zu pflegen, einander zuzuhören und „niemanden stumm zu machen“.
„Vielseitige Persönlichkeit“
Professor Andreas Michael Weiß, Leiter des Fachbereichs Praktische Theologie, würdigte in seiner Vorstellung den neuen Pastoraltheologen als „vielseitige Persönlichkeit“ und verwies auf den vollständigen Lebenslauf auf der Webseite des Fachbereiches. Menschlich sei Loiero „offen für die Nöte der Menschen“ und für notwendige Veränderungen. Weiß betonte: „Ich bin dankbar, dass Du Teil unseres Teams am Fachbereich Praktische Theologie geworden bist. Ich freue mich auf viele gute und erfolgreiche Jahre in Salzburg.“ Für die Katholisch-Theologische Fakultät Salzburg sei es ein großer, lange ersehnter Schritt gewesen, als nach sieben Jahren Vakanz „das so zentrale Fach Pastoraltheologie wieder mit einer Professur besetzt werden konnte“, würdigte Weiß „diese Investition in die Zukunft der Theologischen Fakultät. Das ist ein Bekenntnis zur Theologie, das wir sehr zu schätzen wissen.“ Mit dem kürzlich gestarteten Dissertanten Sebastian Riedel sei der Fachbereich nun wieder vollständig.
Internationalität, Kirchlichkeit, Wissenschaft
Weiß fasste die Laufbahn Loieros mit den Worten Internationalität, Kirchlichkeit und dem Wichtigsten zum wissenschaftlichen Werdegang zusammen. Als Kind italienischer Eltern wurde Salvatore Loiero 1973 im Deutschen Aschaffenburg geboren. Zuerst erhielt er die italienische Staatsbürgerschaft, 2007 folgte die deutsche. „Er spricht eine Reihe von Sprachen“, darunter Arberesh, eine alte Sprache in Kalabrien. Loiero engagierte sich unter anderem in der AVEPRO, dem wissenschaftlichen Beirat der vatikanischen Agentur für Evaluation und Qualitätssicherung. „Diese Funktion wurde eben verlängert“, erzählte Weiß. 2015 wurde Loiero zum Priester der römisch-katholischen Kirche geweiht. „Ministrantendienst, Jugendarbeit, Pfarrgemeinderat, Organisation von biblischen Pilgerreisen, kirchliche Erwachsenenbildung haben ihn auf diesen Weg gebracht.“ Er absolvierte eine Kirchenmusikalische Ausbildung mit Schwerpunkt liturgisches Orgelspiel. Neben seiner Tätigkeit als Professor engagiert er sich in der geistlichen Begleitung von Studierenden engagiert.
Loieros erster Schritt in die wissenschaftliche Karriere war die Tätigkeit als studentische Hilfskraft am Bamberger Lehrstuhl für Dogmatik. 2004 folgte die Promotion in Bamberg im Fach Fundamentaltheologie und Theologie der Ökumene. Der Haupttitel der Arbeit lautet: „…damit keiner zugrunde gehe“. 2007 wurde Loiero an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt als Habilitand für Pastoraltheologie angenommen. 2009 war die Habilitation mit dem Titel „Fundamentalmetanoia.“ fertig und die Lehrbefähigung für Pastoraltheologie verliehen. Im Fokus der Habilitation lagen Gedanken über die Chancen von Umkehr. Es folgten Lehraufträge in Eichstätt-Ingolstadt (2006-2010), die Tätigkeit als Geschäftsführer der AKAST, der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung kanonischer Studiengänge in Deutschland (2010-2013), daneben Lehrvertretungen in Christlicher Spiritualität und Homiletik und Pastoraltheologie. 2013 folgte eine Berufung an die Theologische Fakultät der Universität Fribourg in der Schweiz als Professor für Pastoraltheologie, Religionspädagogik und Homiletik. Zehn Jahre später erfolgte der Ruf nach Salzburg.
