Telefonseelsorge berät seit 10 Jahren auch online

SALZBURG (eds) / Im Jahr 2012 hat die Telefonseelsorge Österreich die gemeinsame Mailberatung gestartet. Seitdem wurde das Angebot der Onlineberatung schrittweise erweitert. Seit 2016 gibt es neben der Mailberatung auch die Möglichkeit, sich via Chat an die Telefonseelsorge zu wenden. Der Chat wird seit 2020 täglich angeboten – inzwischen von 16 bis 23 Uhr.
Die Erfahrungen zeigen, dass sich vorwiegend jüngere Menschen über die Onlineberatung an die Telefonseelsorge wenden. Gerade in den späteren Abendstunden steigt die Nachfrage nach Chatberatungen. Thematisch stehen psychische Erkrankungen oder Symptome wie etwa Selbstverletzung, Beziehungsprobleme oder Suizidgedanken im Vordergrund. „Manchmal überlege ich mir, wie es wäre, einfach nicht mehr zu sein. Ich kann so nicht mehr weiterleben ... Solche Aussagen kann man in den ,Gesprächen‘ immer wieder hören bzw. lesen“, sagt Gerhard Darmann, Leiter der Telefonseelsorge Salzburg.
Kostenlos, anonym und ohne Anmeldung
Unter der Nummer 142 haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge ein offenes Ohr für alle Anliegen und Nöte. Sie erleichtern Menschen in Krisenzeiten das Durchhalten und stehen ihnen beratend zur Seite. Doch nicht jeder und jede will telefonieren – gerade bei heiklen Angelegenheiten bevorzugen oftmals Jüngere einen Rat und oder eine Hilfe über Chat oder E-Mail.
Für die Mailberatung ist eine einmalige Registrierung mit (anonymisierter) E-Mail-Adresse und Passwort notwendig, damit die Antworten abgerufen werden können.
Der Chat ist aus ganz Österreich kostenlos, anonym und vom eigenen Wohnzimmer aus erreichbar. Ohne Anmeldung kann direkt mit geschulten Beraterinnen und Beratern gechattet werden. Eine spezielle Verschlüsselung gewährleistet Sicherheit und Datenschutz. Das „Gespräch“ findet online und auf schriftlichem Wege statt. Belastungen und Sorgen kann man sich von der Seele schreiben, die Beraterinnen und Berater gehen darauf ein. So entsteht Entlastung und Unterstützung beim „Sich-Sortieren“. „Es kommt darauf an, in den Mail- und Chatberatungen einen Vertrauensraum zu schaffen, ein menschliches Gegenüber zu sein. Nur so kann eine behutsame Öffnung möglich werden und die Suche nach neuen Wegen beginnen“, betont Darmann.
Emotionale Nähe trotz räumlicher Distanz
Oft bringt das Be-Schreiben der eigenen Sorgen bereits eine erste Entlastung für junge Menschen, wie Katja Schweitzer von der kids-line Salzburg betont: „Im Schutz der Anonymität öffnen sich Jugendliche häufig leichter und schneller, sodass auch schambesetzte Themen wie selbstverletzendes Verhalten, Suizidgedanken, Missbrauch oder Suchtproblematiken angesprochen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Beratungen über das Internet trotz der räumlichen Distanz sehr emotional sein können. Paradoxerweise entsteht gerade durch die Niederschwelligkeit der Chatberatung eine sehr große Nähe.“
Ein offenes Herz für Menschen in Not zu haben setzt neben Lebenserfahrung und Einfühlungsvermögen ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz voraus. Alle Beraterinnen und Berater durchlaufen deshalb eine Ausbildung, welche Techniken der Gesprächsführung und Krisenintervention beinhalten, damit sie Menschen in schwierigen Lebenssituationen kompetent beraten und begleiten können. Diese fundierte Ausbildung, regelmäßige Fortbildungen und Supervisionen bilden die Grundlagen der Arbeit in der Onlineberatung der Telefonseelsorge Österreich.
Zukunftsmodell Onlineberatung
Viele Beratungs- und Therapieeinrichtungen haben mit Beginn der Corona-Pandemie begonnen, neben der klassischen Face-to-face-Beratung die Telefon- und Onlineberatung in ihr Angebotsspektrum aufzunehmen. Die Telefonseelsorge hatte hier mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in der Telefonberatung und ihrer langjährigen Praxis der Onlineberatung einen großen Startvorteil. Die Corona-Krise hat nun dazu beigetragen, dass die Onlineberatung in der breiten medialen Wahrnehmung gut angekommen ist und gut angenommen wird.
„Die Telefonseelsorge hat in ihrem Namen das Telefon verankert. Viele Menschen verbinden demnach mit dieser ,Marke‘ als erstes: Da kann ich anrufen! Der nächste Schritt ist nun fällig: Ich kann der Telefonseelsorge auch schreiben! Die Zusammenarbeit auf der Ebene der Telefonseelsorge Österreich schafft hier wichtige Synergien, um die gemeinsame Onlineberatung auf einem qualitätvollen Standard anzubieten“, erläutert Darmann.
„Die Onlineberatung erweist sich somit als wertvolle Ergänzung zum telefonischen Angebot der Telefonseelsorge. Zum ‚Sich die Sorgen von der Seele reden‘ tritt ‚Sich die Sorgen von der Seele schreiben‘. Mit der Onlineberatung der Telefonseelsorge erreichen wir Menschen, die wir mit dem Telefon nicht erreichen können. Auf diese zehnjährige Erfolgsgeschichte sind wir auch als Telefonseelsorge Österreich ein wenig stolz“, sagt Darmann, der selber von Anfang in der Onlineberatung der Telefonseelsorge tätig ist.
Fotos: Gerhard Darmann, Leiter der Telefonseelsorge Salzburg und Katja Schweitzer, kidsline der Telefonseelsorge Salzburg. Fotos: Kolarik