Österreich versammelt katholische Frauenpower im Vatikan
Österreichische Frauendelegation bei Generalaudienz im Vatikan zusammen mit Doris Schmidauer, Gattin von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
VATIKANSTADT/SALZBURG (kap/eds) / Wiens Botschafterin beim Vatikan hatte geladen - zu einem Abendessen mit Maiandacht. Gekommen waren Frauen, die an der päpstlichen Kurie leitende Funktionen haben: die Vizechefin des Synodensekretariats, Nathalie Becquart, die Verwaltungschefin des Vatikanstaats, Raffaella Petrini, die für multilaterale Diplomatie zuständige Juristin Francesca Di Giovanni aus dem Staatssekretariat und andere. Geladen hatte Botschafterin Franziska Honsowitz-Friessnigg auch ihre Kolleginnen aus den Niederlanden, Australien und der EU. Das Anliegen: "mehr Verantwortung für Frauen in der katholischen Kirche".
Allein die Vizechefin der Entwicklungsbehörde, Alessandra Smerilli, hatte sich für den Dienstagabend entschuldigen lassen. Die italienische Finanzwissenschaftlerin und Ordensfrau war aber eine der Gesprächspartnerinnen für die rein weibliche Delegation mit fünf Verantwortungsträgerinnen aus der katholischen Kirche Österreichs. Seit Montagabend sprachen die Österreicherinnen dort über Geschlechtergerechtigkeit und Weiheämter für Frauen, eine glaubwürdige Kirche, aber auch über Klimaschutz, Friedensengagement und Synodalität.
Hintergrund der Gespräche war eine Studie zur "Gleichstellung von Frauen und Männern in der Organisationsentwicklung der katholischen Kirche Österreichs" von 2021; Anlass die von Papst Franziskus initiierte Weltsynode. Anders als in Österreich und auch Deutschland werde im Vatikan das Frauenthema weniger isoliert behandelt, sondern mit anderen Themen gemeinsam angegangen, so Lucia Greiner, Leiterin des Seelsorgeamtes in der Erzdiözese Salzburg.
Auf diese Weise habe sich etwa im Synodensekretariat viel verändert. Anstatt um Positionen gehe es stärker darum, Dynamiken zu entwickeln, durch die Sichtweisen und Umgangsformen sich verändern können, so die Vorsitzende der Österreichischen Frauenbewegung (kfböB), Angelika Ritter-Grepl. Die vom Papst angestoßene Weltsynode sei daher keinesfalls zu unterschätzen, "auch wenn synodales Arbeiten anstrengend ist".
Für Junge nicht mehr hinnehmbar
So sei Smerilli gleich mit zwölf Mitarbeitern zum Gespräch erschienen, berichtete Greiner. Diese Art, stärker über Beziehungen zu arbeiten, sei typisch für Frauen, lobte Christine Rod, Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz. Am Ende habe Smerilli einen ihrer Mitarbeiter, einen Priester aus Uganda gefragt, was er denn von den Vorstellungen und Erfahrungen der Frauen aus Österreich halte. Oft gebe es zunächst Witze und Sarkasmus, wenn Frauen mit Führungsanspruch auftreten, habe der Mann eingestanden, aber im Grunde sei es für alle besser, so Greiner.
In allen Diözesen Österreichs sei bei Begegnungen und Gesprächen zur Weltsynode das Frauenthema ganz weit vorne gewesen, berichteten Greiner und Ritter-Grepl. Insbesondere für junge Menschen sei eine Ungleichheit von Frauen und Männern schlicht nicht mehr versteh- und hinnehmbar. Das, so Christine Rod, habe man im Vatikan klar zum Ausdruck gebracht. Dort habe man bestätigt, dass die Jugendsynode im Herbst 2018 weltweit nachhaltige Impulse gesetzt habe. Diese wirkten nach.
"Nicht wie trotzige Kinder auftreten"
Im Sinne eines konzilianteren, synodalen Umgangs sprechen die Österreicherinnen lieber von "Anliegen" als "Forderungen". "Wir wollen hier nicht wie trotzige Kinder auftreten", sagte Rod mit einem Augenzwinkern. Mit kleinen Schritten aber gehe der Prozess unumkehrbar weiter, sind sich alle sicher. Mögliche Enttäuschungen, wenn konkrete inhaltliche Erwartungen durch den gesuchten neuen Umgangsstil in der Kirche nicht erfüllt werden, blieben indes nicht ausgeschlossen.
Viel erwarten die österreichischen Katholikinnen auch von der Kurienreform des Papstes, die zu Pfingsten in Kraft tritt. Damit könnten erstmals Laien, also auch Frauen, ganze Kurienbehörden leiten. "Das ist auch für uns in Österreich noch ein Ansporn", meinte Greiner.
Die Idee, eine rein weibliche Delegation nach Rom zu bringen - "einmal nicht angeführt von einem Bischof", so Greiner -, hatten Botschafterin Honsowitz-Friessnigg und Doris Schmidauer, Gattin von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ausgeheckt. "Ich habe allerdings nur als Türöffnerin fungiert", stellte die "First Lady" ihre Rolle klar. Sie sei nicht die Sprecherin katholischer Frauen ihres Landes.
Botschafterin: Die Zeit ist reif für Neues
Für Botschafterin Honsowitz-Friessnigg indes ist die Zeit schlicht reif für deutlich mehr Mitwirkung von Frauen in der katholischen Kirche. Der synodale Prozess werde dazu beitragen. Auf dem weiteren Weg brauche es aber "weniger Klagen und mehr Ausdauer. Und wir müssen gemeinsam gehen."
Österreichs Bischöfe hatten sich im November bereits eine wesentliche Empfehlung der Studie zur Gleichstellung der Geschlechter in der Kirche zu eigen gemacht. Man habe sich verpflichtet, den Anteil von Frauen mit Leitungsverantwortung in den Diözesen binnen sieben Jahre auf ein Drittel zu erhöhen, sagte der Konferenzvorsitzende, Salzburgs Erzbischofs Franz Lackner damals.
Dass noch mehr drin sein muss, signalisierten die österreichischen Kirchenvertreterinnen dem Papst am Mittwoch bei der Generalaudienz. Auf dem Petersplatz überreichten sie Franziskus die Kopie einer bulgarischen Ikone, auf der die Heiligen Petka (10. Jh.) und Marina (3. Jh.) zu sehen sind. Die Frauen verweisen auf die wesentlichen christlichen Botschaften von Karfreitag und Ostern. Und tragen eine Stola - laut Experten eindeutig "priesterlich".
Franziskus bedankt sich bei Frauendelegation aus Österreich
Papst Franziskus war bei einer Begegnung mit der Frauendelegation aus Österreich "sehr präsent" und "sehr liebenswürdig", er habe sich für das ihm überreichte Geschenk und die beigefügten Anliegen einer Kirchenreform im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit mehrfach bedankt. Diese Bilanz zogen am Mittwoch nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz Verantwortungsträgerinnen der Kirche in Österreich, die sich als Teil einer Delegation der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) drei Tage lang zu Gesprächen in Rom aufhielten. Kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl hatte bei den Begegnungen mit leitenden Frauen in den Dikasterien den Eindruck, dass im Vatikan die Lebenswelt von Frauen gesehen wird und das Thema "Frauen in Kirche und Gesellschaft" weitergedacht wird.
Ritter-Grepl, Schwester Christine Rod als Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz sowie Leiterinnen der Seelsorgeämter der Diözesen Salzburg und Linz, Lucia Greiner und Gabriele Eder-Cakl, überreichten dem Papst am Mittwoch die Kopie einer Ikone mit zwei slawischen Heiligen. Begleitet wurden sie von Österreichs "First Lady", Doris Schmidauer, und Wiens Botschafterin beim Vatikan, Franziska Honsowitz-Friessnigg. Diese hatten die Treffen im Vatikan organisiert.
Die von Eder-Cakl angefertigte und dem Papst als Geschenk überreichte Ikone zeigt die Heiligen Petka und Marina als Überbringerinnen der Botschaften von Karfreitag bis Ostern. Eine Stola, die beide Frauen tragen, zeige sie als "priesterliche" Figuren, erklärte die Pastoralamtsleiterin unter Berufung auf einen Ikonen-Experten. Sie habe den Papst außerdem hingewiesen auf die Statements der Delegationsmitglieder, die diese schon in den vorausgegangenen Gesprächen mit Vatikan-Vertreterinnen eingebracht hatten und die auf der Rückseite der Ikone befestigt sind. Der Papst habe sich dafür - auch auf Deutsch - mehrfach bedankt, so Eder-Cakl gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress.
Auch die anderen Katholikinnen aus Österreich wandten sich direkt an Franziskus: Angelika Ritter-Grepl mit der Bitte, für die Frauen in Österreich zu beten, Lucia Greiner mit der Information über die Gespräche in Rom und Sr, Christine Rod mit der Versicherung, sie wolle sich für eine Weiterentwicklung der Kirche, die ihr am Herzen liege, einsetzen.
Schmidauer will "Türöffnerin" sein
Doris Schmidauer dankte dem Papst bei der persönlichen Begegnung für seinen Einsatz für Frieden und für die Stärkung der Frauen im Vatikan. Letzteres sei auch ihr ein großes Anliegen, versicherte die langjährige Unterstützerin der entwicklungspolitischen kfbö-"Aktion Familienfasttag". Sie wolle eine "Türöffnerin" sein und freue sich, dass im Zusammenwirken mit Botschafterin Honsowitz-Friessnigg in Rom Begegnungen mit hochrangigen Vatikan-Vertreterinnen möglich wurden. Für weitere Kooperationen in Zukunft zeigte sich Schmidauer offen.
Ebenfalls anwesend bei der Generalaudienz war der Feldkircher Bischof Benno Elbs. Der in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Caritas zuständige Bischof begleitete die kfbö-Delegation am Nachmittag zum in Rom ansässigen Caritas-Weltverband "Caritas Internationalis". Eine Visite stand außerdem bei einer Sprachschule auf dem Programm, die die Gemeinschaft Sant'Egidio zur Integration Geflüchteter einrichtete.