Öko-Dschihad: Der grüne Islam

SALZBURG (eds/AAI-26. 11. 2019) / Ende der 1990er-Jahre galt der Indische Ozean vor der Insel Sansibar als völlig überfischt. Lokale Fischer sahen nur noch einen Ausweg: Sie griffen zu Dynamit, um die Ausbeute zu erhöhen. Der Einsatz von Sprengstoff blieb erwies sich als Katastrophe: Durch die Zerstörung der Korallenriffe wurde der Fischbestand vor der sansibarischen Küste weiter dezimiert. In der Folge versuchten internationale Umweltschutzorganisationen jahrelang, den Naturreichtum an der Ostküste Afrikas zu retten – ohne Erfolg. Dann riefen sie Fazlun Khalid und seine Organisation IFEES zur Hilfe. Khalid klärte die Fischer über ihre religiösen Pflichten auf: Es sei schlicht falsch für Muslime, Fische mit Bomben zu fangen. Innerhalb von nur 48 Stunden wurde die Dynamitfischerei beendet. Die Fischer besannen sich auf traditionelle Fangmethoden, die Korallenriffe und die Fischbestände erholten sich.
Der Mensch als Sachwalter auf Erden
Fazlun Khalid ist bis heute eine der prominentesten Figuren des grünen Islam. In ihrem Buch „Öko-Dschihad“ hat die Autorin Ursula Kowanda-Yassin der Auseinandersetzung mit dem Öko-Pionier viel Platz eingeräumt. Doch finden sich auch zahlreiche weitere Beispiele für den grünen Islam im Buch – vom ökozertifiziertem Kopftuch über Solaranlagen auf Moscheen bis hin zu grünen Pilgerreisen nach Mekka.
Der Koran enthält zahlreiche Hinweise auf den Umweltschutz, die immer wieder als Richtlinien in entsprechenden Dokumenten auftauchen. Ursula Kowanda-Yassin verweist auf die „Muslimische Deklaration zur Natur“ aus dem Jahr 1986, die Lehren aus dem Koran zieht: So habe Allah den Menschen als Sachwalter (khalifa) auf Erden ernannt, der das ihm anvertraute Gut (amanah) zu bewahren hat.
Begriff „Dschihad“ wird häufig missverstanden
Bei der Lektüre des 170-starken Buchs, das 2018 im Residenz-Verlag erschienen ist, sind unweigerlich Parallelen zu anderen Religionen zu erkennen. Die Bewahrung der Schöpfung, Klimawandel und Nachhaltigkeit – diese Themen spielen nicht nur im Islam eine Rolle. Als Beispiel sei hier nur die Enzyklika Laudato Si‘ von Papst Franziskus erwähnt.
Bei der Titelwahl für ihr Buch geriet die Autorin selbst ins Grübeln, wie sie im Vorwort erklärt. Der Begriff „Öko-Dschihad“ sei stets präsent, wenn man zum Thema Islam und Ökologie recherchiert, so Kowanda-Yassin. Allerdings werde „Dschihad“ bei uns häufig sinnentstellend als „Heiliger Krieg“ übersetzt. Dabei meine der Begriff etwas ganz anderes: Unter „Dschihad“ verstehe die Mehrheit der Muslime Anstrengungen für eine nützliche Angelegenheit. „Öko-Dschihad“ bedeute also nichts anderes, als sich mit aller Kraft für die Erhaltung von Natur und Schöpfung einzusetzen.
Autorin mit Salzburger Wurzeln
Die Islamwissenschafterin Ursula Kowanda-Yassin ist in 1975 in Beverley (GB) geboren und lebt heute in Wien. Zu Salzburg hat sie einen besonderen Bezug: Die Volksschule besuchte sie in Koppl, die Matura legte sie am Musischen Gymnasium in der Stadt Salzburg ab.
Kowanda-Yassin promovierte 2010 an der Universität Wien im Fach Arabistik (Orientalistik/Islamwissenschaften). 2013 – 2018 lehrte sie am Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion an Pflichtschulen (IRPA, bis 2016 ein eigenständiger Studiengang der IGGÖ) an der KPH Wien/Krems. Zur Zeit forscht sie zu Muslim*innen in Europa und muslimischen Umweltaktivismus für die Forschungsstelle IFIME der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien
Buchpräsentation am Donnerstag, 5. Dezember, im AAI Salzburg
In Kürze ist Ursula Kowanda-Yassin in Salzburg zu Gast: Buchpräsentation und Diskussion am AAI, 5. Dezember, 19 Uhr, Wiener-Philharmoniker-Gasse 2, Clubraum. Weitere Infos: <link http: www.aai-salzburg.at>www.aai-salzburg.at
Foto: Solaranlage auf der Mevlana-Moschee in Weinheim in Baden-Württemberg in Deutschland.
Foto: AAI/Nour Energy