Neues Leitungsteam in der Telefonseelsorge der Erzdiözese Salzburg

SALZBURG (eds) / Michaela Koller und Marlene Korsin übernehmen mit 1. September als Team die Leitung der Telefonseelsorge der katholischen und evangelischen Kirche Salzburgs. Sie folgen auf den langjährigen Leiter Gerhard Darmann. In einer gemeinsamen Standortbestimmung sprachen sie über die Geschichte der Telefonseelsorge und der „kids-line“ sowie über aktuelle Herausforderungen und den Weg in die Zukunft. Seit 1. Jänner ist Michaela Koller bereits an der Seite von Gerhard Darmann, Marlene Korsin folgte mit 1. Mai.
Gerhard Darmann zeigte sich im Rückblick auf 22 Jahre „zufrieden und stolz auf das, was alles gewachsen ist“. Er erlebe „die ganze Melange von Gefühlen“. Im gesamten Team der Telefonseelsorge und der „kids-line“ sei eine „feine Aufbruchsstimmung“ spürbar. Darmann zeigte sich überzeugt, dass „diese Fähigkeiten, die die Leute haben, ja auch in einer neuen Leitung weiterwirken. Klar, wenn jemand, der über 20 Jahre da ist, weggeht, ist das halt eine markante Veränderung. Ich war ja auch der Kopf der Telefonseelsorge, egal wo, in der Diözese, bei den Netzwerkpartnern, in der Politik.“
Für Michaela Koller ist „die Veränderung in der gesamten Freiwilligenarbeit, dass die Bindung nicht mehr so lange ist, eine Sollbruchstelle. Da ändert sich etwas in der Gesellschaft. Unsere Langgedienten sind über 40 Jahre da. Das hat mittlerweile Seltenheitswert.“ Viele der ehrenamtlichen Mitarbeitenden seien nach drei Jahren wieder ausgestiegen, was einen hohen Wechsel an Menschen bedeute. Dabei das Gesamtgefüge, diese Schwarmintelligenz, zu halten und zu entwickeln, sei eine Herausforderung.
Dem stimmte Darmann zu: „Die Telefonseelsorge hat die Stärke, dass viele mitwirken. Wenn ich einmal in der Woche bei der Telefonseelsorge Dienst habe, kann ich eine offenere Haltung einbringen, als wenn ich die Leute täglich acht Stunden hören würde.“
Für Marlene Korsin ist die Möglichkeit, Menschen in belastenden Lebenssituationen zu unterstützen und ihnen eine Anlaufstelle zu bieten, „nicht nur eine berufliche Perspektive, sondern eine tief empfundene Herzensangelegenheit. Deshalb freut es mich umso mehr, dass ich ab 1. September Teil des hauptamtlichen Teams der Telefonseelsorge Salzburg, in der Funktion als stellvertretende Leiterin, sein darf.“
Beobachten und Entwickeln
Strategisch wurden laut Koller schon Fragen aufgeworfen, etwa ob die bisher erfolgreiche Ausbildung auf dieselbe Weise weiterlaufen soll. Österreichweit sei die zweijährige Ausbildungsdauer ein Alleinstellungsmerkmal. „Ich habe die Tradition kennengelernt, bin aber noch nicht in der Situation, eine Entscheidung zu treffen. Eine andere große Frage ist die nach der Rekrutierung der Ehrenamtlichen. Die Ausbildung ist ein hoher Motivator, hier ehrenamtlich tätig zu sein. Was braucht es für die Tätigkeit, aber auch für die Motivation der Ehrenamtlichen?“
Wichtig ist Darmann die Tatsache, dass die „kids-line“ seit Beginn der Corona-Pandemie aufgrund der Anfragen einen großen Wachstumsschub erlebt habe. Die „kids-line“ sei lange Zeit mit 25 bis 30 Mitarbeitenden ausgekommen, derzeit sind es 100. Wovon er leicht Abschied nehme, sei „der Kampf ums Geld. Ich will über das reden, was geleistet wird, wie die Gespräche laufen und die Chats.“
Zukunftswünsche und Sorgen
Gerhard Darmann wünscht sich für die Telefonseelsorge, „dass sie noch mehr ins Bewusstsein kommt: Wenn ich gerne schreibe, kann ich der Telefonseelsorge auch schreiben. Und ich wünsche ihr, dass man 142 als vierten Platz bei den Notrufnummern am Schirm hat, nach Rettung, Feuerwehr und Polizei, und dass man schon frühzeitig an die 142er-Nummer denkt, nicht unbedingt erst, wenn der Hut brennt. Oder wie mir halt Leute auch sagen, es ist gut, dass es das gibt, ich bin so froh, dass ich es noch nicht gebraucht habe.“
Mit der „kids-line“ sieht Darmann ein „Fenster in die Zukunft“. „Da merkt man, wie stark die schreibende Kommunikation ist. Telefonieren wird vielleicht mehr und mehr die ältere Generation. Das kann sich wirklich verändern.“ Ein Veränderungspotenzial sieht er in der Erreichbarkeit rund um die Uhr, möglicherweise auch für die schreibende Kommunikation. „Ich halte es für möglich, dass man in die Richtung denken muss. Ich bin froh, dass wir schon fast 15 Jahre in der Entwicklung der Onlineberatung Angebote setzen.“ Er könne sich vorstellen, dass es zunehmend wichtig werde, sich die Sorgen nicht nur von der Seele zu reden, sondern auch, sich Sorgen von der Seele zu schreiben.
Koller zeigte sich besorgt über die reale Möglichkeit, dass es die Telefonseelsorge in zehn Jahren nicht mehr geben könnte. „Wir leben in großen Umbrüchen. Ich halte fast alles für möglich. Ich komme noch aus einer Generation, in der es in jedem Ort einen Pfarrer gab. Wir haben gewusst, dass es auf uns zukommt. Trotzdem ist es eine ziemliche Herausforderung. Deshalb halte ich nichts für unmöglich.“
Zu den Personen
Michaela Koller ist 1967 in Salzburg geboren. Sie hat Fachtheologie und Selbstständige Religionspädagogik in Salzburg studiert (1985–1991). Von 1991 bis 1997 war sie in unterschiedlichen Arbeitsfeldern in der Erzdiözese Wien tätig: Schule, Pfarre, Krankenhausseelsorge. 1997 folgte die Promotion im Fach Pastoralpsychologie in Wien. Seit 1998 ist sie in der Erzdiözese Salzburg tätig im Diakoniewerk Salzburg und in der Privatklinik Wehrle Diakonissen. Von 2000 bis 2018 war sie im Aufbau der Freiwilligenarbeit im Diakoniewerk tätig. Seit 2007 ist Koller Psychotherapeutin in freier Praxis (Integrative Gestalttherapie). Koller verwies auf den Text „Gaudium et spes 1“ des Zweiten Vatikanischen Konzils. „Das Engagement in der Telefonseelsorge liegt an der Schnittstelle zwischen Kirche und Caritas/Diakonie und dem, was das Zweite Vatikanische Konzil mit dem Gedanken ausdrückt, Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen zu teilen.“
Aufgewachsen im Lungau, hat Marlene Korsin nach der Matura Soziale Arbeit studiert und in der Beratung, Begleitung und Krisenintervention in Organisationen im In- und Ausland vielseitige Erfahrungen gesammelt. „Des Weiteren haben mich die Anstellungen als Jugendleiterin bei der Katholischen Jugend sowie als Referentin für Menschen mit Behinderungen der Erzdiözese Salzburg sehr geprägt“, erzählte sie. „Privat bin ich vorwiegend Mama von meinen zwei wundervollen Töchtern, die mich jeden Tag daran erinnern, wie lebendig, fordernd und wunderbar das Leben sein kann. Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit dem engagierten Team der Telefonseelsorge einen Ort des Zuhörens, der Begleitung und des Vertrauens mitzugestalten. Die tagtägliche Bereitschaft von über 200 Ehrenamtlichen, rund um die Uhr für Menschen in Not erreichbar zu sein, erfüllt mich mit großer Hoffnung.“
Gerhard Darmann ist ab 1960 aufgewachsen auf einem Bergbauernhof im Lavanttal/Kärnten. Er besuchte von 1970 bis 1978 das Gymnasium in Tanzenberg in der Nähe von Klagenfurt. 1979 folgte der Präsenzdienst in Bleiburg und Klagenfurt; Sanitätsausbildung. Er studierte Theologie und Religionspädagogik in Salzburg und in Graz (1979–1986). Es folgte ein Forschungsstipendium in der Alttestamentlichen Bibelwissenschaft (1986–1988). Von 1988 bis 1999 war Darmann „Laientheologen-Referent“ beziehungsweise Ausbildungsleiter im TheologInnen-Zentrum Salzburg. Von 1991 bis 1997 absolvierte er die Psychotherapie Ausbildung. 1999 bis 2000 folgte eine Elternkarenz. Von 2000 bis 2002 war er Ausbildungsleiter im TheologInnen-Zentrum Salzburg und von 2003 bis 2025 Leiter der Telefonseelsorge und „kids-line“ Salzburg.
Erste und längerfristige Hilfe
Die Telefonseelsorge der katholischen und evangelischen Kirche Salzburgs wurde 1978 gegründet und 1998 regional um die Außenstellen Zell am See und Tamsweg erweitert. 21 Jahre später folgte die Gründung der „kids-line“ Salzburg (1999). Das Team der Telefonseelsorge besteht derzeit aus mehr als 140 überwiegend ehrenamtlich mitarbeitenden Personen. Über alle Kanäle hinweg liegt das Verhältnis der Ratsuchenden ungefähr bei einem Drittel Männer und zwei Dritteln Frauen.
Die „kids-line“ entstand 1999 auf eine Anfrage der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Die Telefonseelsorge Salzburg hat mit diesem Dienst ein Angebot für Kinder geschaffen, das heute stabiler Teil des psychosozialen Hilfsangebotes ist. Bis zu 5.000 Kontaktaufnahmen deckt das Team, bestehend aus vier hauptamtlichen und 110 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, im Monat ab. Rund 100 Kinder werden regelmäßig über die „kids-line“ beraten und konstant begleitet.
Kontaktmöglichkeiten
Die Telefonseelsorge der Erzdiözese für Erwachsene ist 24 Stunden an sieben Tagen unter der Notrufnummer 142 und die „kids-line“ täglich von 13 bis 21 Uhr unter der Hotline 0800/234 123 erreichbar (kostenlos und anonym aus ganz Österreich). Eine Kontaktaufnahme per E-Mail und Chat ist für Erwachsene unter www.ts142.at und für Kinder unter www.kids-line.at möglich.
Foto: (v.l.): Gerhard Darmann, Michaela Koller, Marlene Korsin. Foto: Erzdiözese Salzburg (eds)/Hiwa Naghshi