„Marchtal-Pädagogik“ ist seit mehr als 30 Jahren Teil der Bildungslandschaft

SALZBURG (eds) / In Michaelbeuern im Salzburger Flachgau wurde kürzlich das 30. Fortbildungsseminar zum Unterrichtskonzept „Marchtal-Pädagogik“ abgehalten. Anlässlich des Jubiläums waren auch Persönlichkeiten aus der Gründungszeit aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart angereist, um beim Festakt zu feiern. Johann Quehenberger, Koordinator für Marchtal-Pädagogik an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Edith Stein am Standort Salzburg, fasste zusammen: „Seit 30 Jahren treffen sich engagierte Pädagoginnen und Pädagogen, um im Exerzitienhaus sowie in der PMS Michaelbeuern Arbeitsmaterialien für die Freiarbeit zu erstellen und sich im Bereich Morgenkreis fortzubilden.“ Dass dieses Konzept seit mehr als 30 Jahren, also über eine Lehrer-Generation hinaus, praktiziert werde und inzwischen institutionalisiert sei durch Seminare, unterstreiche den Stellenwert, so Quehenbergers Fazit anlässlich des Jubiläums gegenüber der Erzdiözese Salzburg.
Verbundenheit von Gott und den Menschen
Georg Ritzer leitet das Institut für Religionspädagogische Bildung der KPH Edith Stein am Hochschulstandort Salzburg. Grundlage der „Marchtal-Pädagogik“ bildet für ihn eine „christliche Anthropologie, die sich der von Gott geschenkten und ermöglichten Freiheit verpflichtet weiß. Diese ist ihrerseits in der Gottebenbildlichkeit des Menschen, seiner Geschöpflichkeit und Gottes unbedingter Liebe zu den Menschen verwurzelt. Das sich daraus ergebende Beziehungsgeflecht und Beziehungsgefüge von Gott – Mensch – Mitmensch – Welt ist wesentlich für das (Bildungs-)Verständnis des Marchtaler Plans.“
Letztendlich gehe es um Verbundenheit zu Mitmenschen, zur Umwelt, zu sich selbst und hin zu etwas Transzendentem. Er hob die große Bedeutung für das Konzept eines inklusionssensiblen Unterrichts hervor, einem Unterricht, in dem unterschiedliche Begabungen als Chance begriffen werden. Der Marchtaler Plan Salzburger Prägung baut auf vier Säulen: Morgenkreis, Freiarbeit, Vernetzter Unterricht und Fachunterricht. Es gelte, „die Möglichkeiten digitalen Arbeitens für den Unterricht nach dem Marchtaler Plan zu heben, Potentiale zu nutzen, die Laptops, Tablets und Handys mit sich bringen. Dies betrifft vor allem die Bereiche der Freiarbeit, des vernetzten Lernens und den Fachunterricht.“
„Gelebte christlich orientierte Identität“
Erwin Konjecic, Direktor des Amtes für Schule und Bildung der Erzdiözese Salzburg, steckte mit einem Rückblick historische Eckpunkte und die Entstehung ab. Auf den kleinen Beginn in „fragilem Zustand“ blickend, betonte er die Dankbarkeit „für das Geschehene und Erreichte in diesem langen Zeitraum“. Ausgangspunkt für diese Entwicklung sei „die Suche nach einem gemeinsamen pädagogisch assoziierten Nenner“ für die katholischen Privatschulen in der Erzdiözese gewesen. Gemeinsame Unterschiede zu anderen Schulen und die Frage danach, was eine christliche Schule ausmacht, was „trotz Vielfalt eint“, seien Leitfragen gewesen. „Diese damals gestellten Fragen sind nach wie vor höchst aktuell und müssen gegenwärtig aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen unter neuen Vorzeichen gestellt und beantwortet werden.“ Die Zukunft der katholischen Privatschulen liegt für Konjecic „in ihrer erkennbaren und gelebten christlich orientierten Identität, die zu Kirche und Evangelium rückgebunden ist. Dass gute Bildung Voraussetzung für ein gutes Leben, ein Leben in Fülle ist, und klarer Auftrag für die Kirche ist, darf hoffentlich ohnehin als selbstverständlich angenommen werden.“
Hintergrund zur Marchtal-Pädagogik
Der „Marchtaler Plan“ ist nach Berthold Suchan, Leiter der Kirchlichen Akademie der Lehrerfortbildung in Obermarchtal in Deutschland, als „Konsequenz einer am christlichen Menschenbild orientierten Haltung“ zu verstehen. Er entstand durch eine Chance der katholischen freien Schulen, ein eigenes pädagogisches Konzept zu erstellen. Adaptiert wurde diese Reformpädagogik auf die Bedingungen und Gegebenheiten von Mittelschulen in Baden-Württemberg. Dieses Ereignis brachte Schulen wie die Bodenseeschule St. Martin hervor, wo sich das pädagogische Konzept auch im Schulgebäude niederschlägt.
Basierend auf dem „Marchtaler Plan“ und abgestimmt auf die österreichische Schullandschaft entstand im September 2015 das „Personalisierte Lernen und Lehren, Pädagogische Implikationen in Anlehnung an den Marchtaler Plan.“ Dieser „Salzburger Weg“, besser bekannt unter dem Begriff Marchtal-Pädagogik ist Grundlage engagierter Pädagoginnen und Pädagogen für deren Gestaltung von Unterricht und Schule. Erstellt wurde dieser pädagogische Ansatz vor mehr als 30 Jahren in Zusammenarbeit der KPH Edith Stein und des Amts für Schule und Bildung der Erzdiözese Salzburg.
Die Umsetzung erfolgt durch die vier Strukturelemente, wobei wesentlich ist, dass das Kind als Abbild Gottes gesehen wird: Morgenkreis, Freie Arbeit, Vernetzter Unterricht und Fachunterricht. Die Elemente stehen in enger Korrelation zueinander und unterstützen sich gegenseitig. Im Morgenkreis erworbene Fertigkeiten dienen beispielsweise der Freien Arbeit und sind förderlich für das Lernen in vernetzten Unterrichtseinheiten oder dem Miteinander im Schulalltag.
Ursprung ist das deutsche Kloster Obermarchtal in Baden-Württemberg. Inzwischen gibt es in Bayern Ableger, zum Beispiel in Augsburg. In Salzburg arbeiten fast alle katholischen Privatschulen mehr oder weniger mit diesem Konzept, hervorzuheben sind die PMS Michaelbeuern und das Herz-Jesu-Gymnasium, aber auch öffentliche Schulen wie die MS Bergheim arbeiten nach diesem Konzept. Österreichweit gibt es Schulen in Hollabrunn, Graz, und Klagenfurt die nach dem „Marchtaler Plan“ arbeiten.
(Infos: www.marchtal.at)