Als Prinz unter Geschwistern: Ökumenischer Abend mit Fokus auf Äthiopien

SALZBURG (eds) / Äthiopien stand im Mittelpunkt des Dienstagabends im Salzburger Bischofshaus. Prinz Asfa-Wossen Asserate berichtete auf Einladung der Pro Oriente-Sektion Salzburg im Rupertussaal über „Staat und Religion“ bis heute. Erzbischof Franz Lackner betonte in seinen Grußworten, dass „der Blick auf das Verhältnis von Staat und Religion in anderen Teilen der Welt nur bereichernd sein“ kann – vor allem in einer Zeit, „da wir zumindest in jenem Teil der Welt, den wir den ‚Westen‘ nennen, allerorten in einem so genannten säkularen Zeitalter leben“. Dies insbesondere, wenn es sich, wie bei Äthiopien, „um eine der ältesten christlichen Kulturen der Welt handelt; eine, in der die Ausbreitung des Evangeliums bereits in ältester Zeit geschah und die allen Versuchen kolonialer Unterjochung getrotzt hat“.
Äthiopien verdiene alle Aufmerksamkeit „aus geschichtlichen, aus religiösen, angesichts der heutigen Entwicklungen besonders auch aus politischen Gründen“, schloss er sich der Begrüßung von Prof. Dietmar W. Winkler, Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg und Vorsitzender der Salzburger Pro Oriente-Sektion Salzburg, an. „Wir sind oft nicht getrennt aufgrund theologischer Themen, sondern aufgrund nicht-theologischer Themen“, erzählte Professor Winkler aus dem langjährigen Dialog von Pro Oriente mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen, der auch mit der äthiopisch-orthodoxen Kirche bis in die 1970er-Jahre zurück geht.
Diese Haltung und Sichtweise wurde auch Prinz Asfa-Wossen Asserate zu Beginn deutlich: „Es ist wunderbar, unter Brüdern und Schwestern zu sein, die wir alle in Christus Jesus sind.“ Die Überlieferung der äthiopischen Kirche und der Kaiserdynastie reiche 3.000 Jahre zurück. „Hof, Kirche und Volk eiferten letztlich immer im Bewusstsein des Bundes mit Gott, dem Reich Gottes auf Erden ein bisschen nahe zu kommen“, erzählte der Prinz von den prägenden Facetten.
Religion verbindet Menschen
Seit dem Ende der kommunistischen Diktatur 1991 werde Äthiopien von Regierungen „kontrolliert, die ethnische Unterschiede betonen“. Heute sei es ein Vielvölkerstaat mit mehr als 80 ethnischen Gruppen. „Über Jahrhunderte waren die Verteidigung des Glaubens und die Einheit der Nation vorrangiges Ziel von Kaiserhof und Kirche. Die Verfassung von 1994 schreibt heute die Trennung von Staat und Kirche vor.“ Die Herausforderungen der Menschen in Äthiopien seien groß, schilderte der Prinz. Die innere Integrität und Souveränität Äthiopiens werde massiv in Frage gestellt. Prinz Asfa beklagte auch steigende Versuche der Einflussnahme seitens der Politik auf die Kirche entlang ethnischer Trennlinien. Wesentlich seien für ihn Gerechtigkeit, Gleichheit aller Ethnien und der Weg zu einem sozialen Rechtsstaat. Der Fokus auf die Ethnie statt auf das Menschsein an sich habe Millionen Menschen das Leben gekostet. „Die Religion ist das einzige Verbindende, das wir in Äthiopien noch haben.“
Abschließend fügte Prinz Asfa hinzu: „Vielleicht ist es heute an der Zeit, den Anbruch des Reiches Gottes nicht mehr von außen zu erwarten, sondern in sich selbst die Schritte zu einer Verwirklichung zu beginnen, im Sakrament, im Gebet, aber auch im Dienst an den Armen, den Witwen und Waisen, den Menschen ohne Obdach und auf der Flucht, im Bewusstsein der Einheit als Menschen. Oder christlich gesprochen: in der Einheit als Kinder Gottes.“
Äthiopien heute
Äthiopien ist ein religiös und ethnisch äußerst diverser Staat. Die ethnische Teilung als Ergebnis des ethnischen Föderalismus der Regierungen seit 1991 setzt dem Land am Horn von Afrika zu und führt überdies zu Konflikten innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirche, zwischen Tigray, Oromo und Amharen. Der ab November 2020 in der Region Tigray ausgebrochene Bürgerkrieg, der sich später auf weitere Teile des Landes ausbreitete, hat Hunderttausende von Toten, Geflüchteten und Vertriebenen gefordert.
Prinz Asfa-Wossen Asserate (geboren 1948 in Addis Abeba) studierte Geschichte, Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Tübingen, Cambridge (UK) und Frankfurt. Er ist Angehöriger eines Zweigs der Salomonischen Dynastie des entthronten äthiopischen Kaiserhauses und Großneffe des letzten amtierenden Kaisers Haile Selassie I. Er promovierte zur äthiopischen Geschichte, ist Autor und politischer Analyst sowie unter anderem Gründer und Vorsitzender des Kuratoriums des „Orbis Aethiopicus“ (Gesellschaft für die Erhaltung und Förderung der äthiopischen Kultur), Vorsitzender des Kuratoriums „Gesellschaft für die Förderung von Museen in Äthiopien“, Schirmherr der Gesellschaft zur Förderung der äthiopischen Künste e.V.
(Infos: www.pro-oriente.at)