Studienjahr startet mit Verweis auf Notwendigkeit von Präventionsarbeit

SALZBURG (eds) / Dietmar W. Winkler, Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, wies bei der Eröffnung des neuen Studienjahrs am Dienstagvormittag auf die vielfältige Notwendigkeit der Prävention von Missbrauch hin. „Es geht um nichts weniger als die Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus haben Aufarbeitung und Umkehr tiefe theologische Wurzeln.“ Er verwies zudem auf den Missbrauch der Religion zur Legitimierung von Gewalttaten und Kriegen und warnte vor verkürzten, einfachen Antworten. Es gelte, das Schiff der Fakultät auf Kurs zu halten, sagte er mit Blick auf mehrere Pensionierungen im vergangenen Jahr. Die Eucharistiefeier im Sacellum, vorbereitet vom Kolleg St. Benedikt, stand im Zeichen des zweiten Jahrestages des Anschlages durch die Terrorgruppe Hamas auf Israel am 7 Oktober 2023.
Präventive Teile des Kirchenrechts
Ass.-Prof. Daniel Tibi, Jahrgang 1980, legt seine Schwerpunkte auf Rechtsgeschichte, Ordensrecht, Religionsrecht und kirchliches Verwaltungsrecht. Seit 1. Oktober ist der Benediktinermönch Ass.-Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Im Eröffnungsvortrag stellte er die Rolle des Kirchenrechts rund um das Thema Prävention von spirituellem Missbrauch und Machtmissbrauch in den Vordergrund. „Es ist nicht nur allein die Rolle des Rechtes, die Prävention zu leisten, aber es ist auch eine Rolle des Rechtes. Das Recht ist nicht das, was Dinge verhindert, sondern es ist dazu da, um die Gläubigen zu schützen“, bekräftigte er in seinem Vortrag. Das Buch „Spiritueller Missbrauch in der katholischen Kirche“ von Doris Wagner aus dem Jahr 2019 habe ihn aufhorchen lassen. „Spiritueller Missbrauch ist ein komplexes Thema“, wies Tibi in seinem Vortrag hin. Die kirchenrechtliche Seite sei ein Baustein davon. Das Kirchenrecht bestehe aus einer himmlisch-spirituellen und einer irdisch-zeitlichen Dimension. Ordnungs-, Schutz- und Sanktionsfunktion seien drei wesentliche Teile in der Prävention von spirituellem Missbrauch, die das Kirchenrecht abdeckt.
Verkündigung des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente haben beispielsweise beides, eine spirituelle und eine rechtliche Dimension. „Die rechtliche Dimension lässt sich nicht mehr wegdenken, ohne dass die Kirche Kirche wäre.“ Würde das Kirchenrecht den inneren Glauben eines Menschen normieren wollen, stünde es selbst an der Grenze zum spirituellen Missbrauch, betonte Tibi. Beispielsweise dürfe die Beichte ihren Rahmen nicht verlieren. „Das Problem ist, dass spiritueller Missbrauch rechtlich kaum greifbar ist. Er tritt in der Praxis subtil auf, die Grenzen sind oft fließend.“ Spiritueller Missbrauch könne sich manipulativ äußern oder, indem Bibelzitate aus dem Zusammenhang gerissen werden. Eine externe Begleitung etwa im Ordensleben sei wichtig, die die Grenzen im Blick behält. Wie das Kirchenrecht vor spirituellem Missbrauch schützt, sei etwa durch die Begrenzung der Amtszeit der Oberen sichtbar. Heute sind zudem der innere und der äußere Glaubensbereich getrennt, etwa bei der Beichte: Ordensobere dürfen etwa die Beichte von Ordensunteren nicht hören, außer dieser bittet aus freien Stücken darum.
Bestehende Prävention umsetzen
Tibi verwies darauf, dass es derzeit noch keinen Straftatbestand des spirituellen Missbrauchs gibt. Doch gibt es eine Reihe anderer Strafen, die greifen könnten. Bei der Frage nach Straftagen „sollte auch der Missbrauch von Beziehungen eine Rolle spielen“, betonte er mit Blick auf etwa Geistliche Begleitung. „Der Apostolische Stuhl arbeitet derzeit an einer Änderung des Strafrechts.“ Umso wichtiger sei es, bereits bestehende präventive Maßnahmen umzusetzen und nicht in einer falsch verstandenen Freiheit zu unterbinden. Tibi betonte die Notwendigkeit des Blickes von außen, etwa bei Exerzitien und Geistlicher Begleitung. Spiritueller Missbrauch an sich sei nicht mit dem staatlichen Recht bestrafbar, denn der Bereich der Spiritualität gehöre ins Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften. Wichtig wäre, dass sich Kirche freiwillig mit dem Staat zusammenschließt. „Klar ist, Kirche ist kein rechtsfreier Raum.“
Benediktinische Gründungsfakultät
Die 1622 als Benediktineruniversität gegründete Katholisch-Theologische Fakultät gilt als die Gründungsfakultät der Universität Salzburg. (Infos: www.plus.ac.at/theologie)