Akademischer Festakt zu Ehren der „Powerfrau“ Erentrudis
SALZBURG (Land Salzburg/eds) / Nach heutigen Maßstäben war Salzburgs „Landesmutter“ Erentrudis eine echte „Powerfrau“, die Geschichte geschrieben hat. Als mächtige Äbtissin stand sie vor 1.300 Jahren dem Stift Nonnberg vor – zentral für die frühe christliche Gemeinde Salzburgs sowie ein bedeutender Wirtschaftsbetrieb. Nach ihrem Tod, vermutlich 718, wurde ihr Grab zur Pilgerstätte und sie seither als Heilige verehrt. Historiker Wolfgang Neuper hat sich intensiv mit Erentrudis auseinandergesetzt. Der Archivar arbeitet seit einem Jahr im Salzburger Landesarchiv, davor war er 15 Jahre im Archiv der Erzdiözese Salzburg tätig. Im Gespräch mit dem Landes-Medienzentrum (LMZ) anlässlich des Festaktes am Mittwochabend im Domquartier hob der Experte für Mittelalterliche Geschichte Erentrudis Gastfreundschaft und Nächstenliebe hervor.
Mit Salzburg verwurzelt
Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer betont anlässlich des Festaktes am Mittwochabend die christliche und weltliche Bedeutung von Erentrudis: „Für viele Menschen in Salzburg war und ist die Heilige ein wichtiger Anker im Leben. Insbesondere die ihr zugeschriebenen Wunder geben Hoffnung. Erentrudis hat einen ganz besonderen Platz in unserer Geschichte verdient und ist tief mit der Kultur im Land verwurzelt. Dieses möchten wir mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und dem Fest am 8. September in den Mittelpunkt stellen.“
Rolle von Erzbischof Paris Lodron
Historiker Neuper äußerte Vermutungen zur Rolle von Erzbischof Paris Lodron: „Wir wissen, dass 1624 die zweite Reliquientranslation von Erentrudis durchgeführt wurde. Quellen zur Entscheidung von Paris Lodron liegen nicht vor, aber es werden sicherlich für den Erzbischof und das Stift strategische Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Im Rahmen seiner eher gemäßigten Gegenreformation wollte Paris Lodron vermutlich die Katholische Sache forcieren und durch die Translation mit dazugehöriger Prozession die Menschen beeindrucken.“ Seinen Untertanen eine bedeutende Heilige in der Zeit näher zu bringen, sei „möglicherweise das Kalkül“ gewesen. Auch für das Stift Nonnberg sieht Neuper darin eine Möglichkeit, die Verehrung und den Kult um ihre erste Äbtissin wieder zu stärken.
Historische Person
Er erzählte, es lägen keine zeitgenössischen Berichte vor. „Die frühesten Quellen zu Erentrudis finden wir in den Lebensbeschreibungen von Rupert, die auf das späte 8. Jahrhundert zurückgehen – rund 80 Jahre nach ihrem Tod. Dort wird sie als Begleiterin Ruperts beschrieben. Im Volksmund hält sich die Legende, dass sie die Nichte von Rupert gewesen sei – das ist aber nicht gesichert.“ Erentrudis war jedenfalls die erste Äbtissin am Kloster Nonnberg. „Im Verbrüderungsbuch von St. Peter wird sie als solche vermerkt.“
Die erste Beschreibung zu Erentrudis stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert, etwa 600 Jahre nach ihrem Tod. „Der Chronist Caesarius beschreibt dabei ihre hohe Gelehrsamkeit, Gastfreundschaft oder auch Nächstenliebe. Das ist aber kein Bericht aus erster Hand, sondern positive Zuschreibungen von Eigenschaften, die bei als Heilige verehrte Personen Usus war.“
Salzburg zu Zeiten von Erentrudis
Neuper hob die Unterschiede der heutigen Altstadt zu Salzburg in der Zeit Erentrudis hervor: „Die Reste der antiken Bevölkerung haben am Festungs- sowie Nonnberg gelebt. Zurzeit von Rupert und Erentrudis hat die Wiederansiedlung der heutigen Altstadt erst wieder begonnen. Steingebäude gab es nicht. Auch der Bischofshof, er stand in der Nähe des heutigen Doms, war aus Holz.“ Das Stift Nonnberg war schon damals bedeutend: Es „wurde sehr schnell nach seiner Gründung um 714 durch die bayerische Herzogsfamilie zu einem geistlichen Zentrum, von dem aus viele Frauenklöster besiedelt wurden.“ Neuper beschrieb es als „Hauskloster der Agilolfinger und adeliges Damenstift“ und „mit reichem Grundbesitz ausgestattet, was es auch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor machte“. Durch Schenkungen habe es immer mehr Grund und Boden mitsamt Landwirtschaften erhalten, das Nonntal habe damals zum Areal des Klosters gehört. Heute gilt das Benediktinerinnenstift als das älteste noch bestehende Frauenkloster nördlich der Alpen.
(Das gesamte Interview lesen Sie unter: https://service.salzburg.gv.at/lkorrj/detail?nachrid=70344)
Wochenende im Zeichen von Erentrudis
Vor 400 Jahren hat Erzbischof Paris Lodron Erentrudis zur „Landesmutter“ erhoben. Sie ist Landes- und Diözesanpatronin, neben den beiden Heiligen Rupert und Virgil. Das Land Salzburg, die Erzdiözese und das Stift Nonnberg haben anlässlich dieses Jubiläums Mittwochabend zu einem Akademischen Festakt im Domquartier geladen und diese außergewöhnliche Frau, ihr Wirken und ihre historische Bedeutung in den Mittelpunkt gestellt.
Höhepunkt der Feierlichkeiten für die heilige Erentrudis ist der kommende Sonntag. Am 8. September findet um 10 Uhr ein Festgottesdienst im Dom, gemeinsam mit dem Erntedankfest der Stadtvereine, statt. Danach steht das Erentrudisfest im Nonntal an – begleiten von einem lautstarken und farbenfrohen Umzug mit Schützen, Musikkapellen und Heimatvereinen von der Altstadt ins Nonntal. Ein Höhepunkt der Feierlichkeiten ist die Prozession der Reliquien vom Stift Nonnberg zum Dom sowie zur St. Erhard-Kirche im Nonntal und wieder zurück.
(Weitere Infos zu Biografie, zum 400-Jahr-Jubiläum und zum Stift Nonnberg: https://eds.at/erentrudisfest, https://eds.at/detail/festwoche-anlaesslich-400-jahre-stadt-und-landesmutter-erentrudis, https://eds.at/detail/salzburg-feiert-400-jahre-stadt-und-landesmutter-erentrudisund www.nonnberg.at)
(Infos Landeskorrespondenz: https://service.salzburg.gv.at/lkorrj/detail?nachrid=70329 und www.salzburg.gv.at/magazin/Seiten/Erentrudis.aspx)