80 Jahre Kriegsende: Diözesanarchiv Salzburg präsentiert Biografien verfolgter Geistlicher

SALZBURG (eds) / Eine neue Informationsplattform des Salzburger Diözesanarchivs zeigt auf, dass „auch Priester, Nonnen und andere Geistliche der nationalsozialistischen Verfolgung stark ausgesetzt waren“: Das erklärte Archiv-der-Erzdiözese-Salzburg-Leiter Thomas Mitterecker anlässlich 80 Jahre Kriegsende und anlässlich der Tage der Archive im Juni. Im Zuge der Gedenktage rund um das Kriegsende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren wurde über die Personendatenbank RES ein neues Angebot freigeschaltet. Eine Informationsseite widmet sich kirchlichen Menschen und Geistlichen als Opfer des Nationalsozialismus und der nationalsozialistischen Verfolgung in Salzburg.
Die RES-Datenbank umfasst bereits etwa 10.000 Biografien von Würdenträgern, Angestellten, Priestern der Erzdiözese Salzburg, seit dem 15./16. Jahrhundert bis in die aktuelle Zeit. Aus bestehenden Daten wurden Infos zu einzelnen Biografien herausgezogen und neu aufbereitet. Konkret geht es um Personen, die 1938 bis 1945 in unterschiedlichen Bereichen der Verfolgung durch den Nationalsozialismus ausgesetzt waren. „Es sind einige Personen ins KZ gekommen, einige sind ums Leben gekommen. Generell muss man sagen, dass die Geistlichkeit, die Priester, einem starken Druck ausgesetzt waren“, erklärte Mitterecker weiter. „Es gibt Berichte und Nachweise, dass etwa die Hälfte aller Pfarrer in der Erzdiözese Salzburg zumindest im ersten Jahr nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland kürzer oder länger, teilweise über ein halbes Jahr, Predigtverbot hatten, weil sie sich in ihren Predigten äußerst kritisch dem neuen System gegenüber geäußert hatten.“
Das sei nicht ungefährlich gewesen, weil diesem Predigtverbot eine Gauverweisung, also eine Ausweisung aus dem Gau, folgen konnte. „Dann musste man schauen, dass man in einer anderen Diözese unterkommt. Wenn man weiß, dass dieses Verfolgungssystem in ganz Österreich und im ganzen damaligen Großdeutschen Reich üblich war, war das eine große Belastung und Herausforderung für die Menschen.“ (Infos: https://eds.at/archiv/dioezesanarchiv/personendatenbank-res und https://res.icar-us.eu/index.php/Im_Nationalsozialismus_verfolgte_Personen)
Offene Türen
Das Archiv der Erzdiözese Salzburg (AES) öffnet am Freitag, 6. Juni von 12 bis 18 Uhr wieder seine Türen im Rahmen der Internationalen Tage der Archive (2. bis 7. Juni). Am Kapitelplatz 3 hat ein Büchermarkt geöffnet (12 bis 17 Uhr). Zwei Führungen widmen sich dem Archiv (13, 17 Uhr). Um 15 Uhr wird eine musikwissenschaftliche Führung angeboten. Zudem gibt es Beratung für Familienforschung mit Archiv-Leiter Thomas Mitterecker (12 bis 17 Uhr). Mit 16 anderen Salzburger Archiven lädt das AES im Rahmen der Wissensstadt Salzburg zu einem umfangreichen Programm ein.
Ihre Türen öffnet auch die Erzabtei St. Peter. Am Mittwoch, 4. Juni gibt es einen Büchermarkt (14 bis 18 Uhr). Zudem wird eine Archivalienpräsentation zum Thema „Keine Ruhe vor dem Sturm. Wende*punkte in der Zwischenkriegszeit“ angeboten (15 bis 16 und 17 bis 18 Uhr). Am Donnerstag, 5. Juni lädt die Erzabtei zu einem Vortrag ein (19 bis 20 Uhr). Unter dem Titel „Am Anfang war die Melker Reform (1431) und dann kam der Buchdruck“ widmet sich die Erzabtei dem 15. Jahrhundert als Wende*punkt in der benediktinischen Bibliothekskultur von St. Peter.
Die Universitätsbibliothek Salzburg widmet sich am Mittwoch, 4. Juni dem Thema „Die Marquise von Salzburg. Ein Wende*punkt in der Geschichte der Frauenbildung in Salzburg“. Jeanne de Beyrebère, Marquise de Guilloutet (1875-1961) unterrichtete als erste Frau an der Theologischen Fakultät, machte sich um den französisch-österreichischen Kulturaustausch verdient und vermittelte Künstlerinnen und Künstler für die Festspiele. Anlässlich ihres 150. Geburtstages wird ihr Leben näher beleuchtet.
Unter dem Titel „Notenschlüssel und Scheidewege. Wende*punkte im Franziskanerkloster Salzburg“ wird ebendort am Donnerstag, 5. Juni eine Objektpräsentation mit Führung angeboten (14.30 bis 16 Uhr, Anmeldung: provinzsekretariat@franziskaner.at)
Eines der ältesten Archive und Bibliotheken in Salzburg
Die Diözesanarchiv Salzburg ist eines der ältesten Archive und Bibliotheken in Salzburg und zudem die drittgrößte Bibliothek in Salzburg. Sie beherbergt mehr als 150.000 Medien mit den Schwerpunkten Theologie, Philosophie, Geschichte und „Salisburgensia“. Sie ist mit ihrem umfangreichen Altbestand, einer Vielzahl von Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucken sowie wertvollen Sondersammlungen eine bedeutende Kultureinrichtung der Erzdiözese Salzburg. Als öffentliche Spezialbibliothek unterstützt sie bei Recherchen. Es gibt drei Zuständigkeitsbereiche der Diözesanbibliothek Salzburg: die Dienstbibliothek im Archiv der Erzdiözese Salzburg, die Priesterhausbibliothek, die Pfarrbibliotheken. (Infos: www.eds.at/archiv)
Zum Internationalen Tag der Archive
Der internationale Archivrat hat den 9. Juni zum „Internationalen Tag der Archive“ erklärt. Dies ist das Datum seiner Gründung unter der Schirmherrschaft der UNESCO im Jahr 1948. Archivinstitutionen in vielen Staaten der Welt feiern jährlich diesen Tag. Seit 2019 ist der Internationale Tag der Archive umrahmt von der Internationalen Archivwoche.
Das Anliegen ist es, am Internationalen Tag der Archive mit unterschiedlichen Aktivitäten an die Öffentlichkeit zu treten, um den Tätigkeitsbereich darzustellen, die Vielfältigkeit und Einzigartigkeit von Archivgut zu präsentieren und auf die unterschiedlichsten Archivsparten aufmerksam zu machen. Es soll gezeigt werden, welch unersetzbares kulturelles Erbe Archive verwahren, das Zeugnis gibt über die wirtschaftliche, politische, rechtliche und soziale Entwicklung der Menschheit. (Infos und Programm in Salzburg: www.wissensstadt-salzburg.at/tagederarchive)