Oshowski Andreas Seit wann der Markt blind ist…
Wirtschaft ohne Gewissen.
Auch wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind, Manager eines deutschen Autobauers sind zu bis zu 4 ½ Jahren Haftstrafe verurteilt worden. Für Millionen Fahrzeuge gab es Rückrufaktionen. Ein unvorstellbarer Reputationsschaden für ein Traditionsunternehmen, das 1937 in einer menschenverachtenden historischen Epoche geboren wurde. 2023 war dieses Unternehmen der größte Konzern Europas und der größte Autohersteller der Welt nach Umsatz. Es geht um individuelle Schuld von Managern nicht ausschließlich um Schadensersatz. Der Börsenwert ist seit Beginn des juristischen Prozesses vor vier Jahren um 68% gefallen. Das deutsche Nachrichtenjournal ‚heute‘ spricht davon, dass „die kriminelle Energie systemisch war.“1
Der Händler hat eine Waage in der Hand, mit der er Betrug übt; er liebt Ausbeutung.Die Bibel (Biblisches Buch Hosea, 12,8)
Das biblische Buch Hosea weist bereits vor 2700 Jahren darauf hin, dass wirtschaftliche Mechanismen verführerisch sind. Gab es jemals einen christlichen Kaufmann? Der Markt ist sozial und ökologisch blind, das habe ich in einem der ersten sozialethischen Seminare während meines personal-wirtschaftlichen Trainee-Programms im Jahr 1988 vermittelt bekommen. Wie viel weiter sind wir im Jahr 2025, in dem man(n) ‚Deals macht‘ mit Staaten, die Krankenhäuser und Kindergärten in die Lostrommel werfen.
Der Gedanke, der mich heute bewegt
Der Theologe Rainer Bucher hält Kirche „systemisch bedingte Defizite an Erfahrung“2 vor. Was ist das für ein Menschenbild, wenn wir etwas leugnen, was uns allen in den eigenen Knochen steckt.
1 Heute-Journal, Zweites Deutsches Fernsehen, 26.05.2025
2 Rainer Bucher in Schüssler/Schweighofer, Kirche als Netzwerk pastoraler Orte und Ereignisse, S.106