Oshowski Andreas „Will haben - damit ich meine Angst zubetoniere“
Schwächt Verfügbarkeit unsere Dankbarkeit, fragt sich Autor Oshowski.
Es steht ein harter Winter bevor, diesen Satz haben Sie wahrscheinlich in den letzten Wochen schon einmal gehört oder selbst sogar schon gesagt. Ein Satz der bei vielen Menschen Angst auslöst, weil sie elementare Bedürfnisse ihres Lebens nicht mehr erfüllen können!? Bei anderen Menschen lösen die bevorstehenden Einschränkungen deshalb Angst aus, weil nicht mehr alles verfügbar ist. Das regt die Frage an: War jemals alles verfügbar? Vielleicht ist das der grundlegende Denkfehler unserer Zeit? Vielleicht mindert das unsere Dankbarkeit, weil wir nichts mehr als Geschenk empfinden? Vielleicht fangen unsere Verfügbarkeiten schon in einem angstbesetzten, verfügbarmachen-wollenden Denken an? Im jüdischen Talmud ist der Satz zu finden:
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.Der Stelle im jüdischen Talmund entspricht am ehesten wohl der Bibelstelle: Spr 4:20ff (mein Sohn wird enttäuscht sein, dass ich nicht auf das entsprechende Zitat aus dem Udo-Jürgens-Lied: ‚Das Leben bist Du‘ hinweise)
Welche unserer Gedanken deuten auf unsere Bedürfnisse oder auf unser Verfügbarmachen hin? Und welche davon vergrößern unsere Ängste und welche stärken unsere Liebe?
Der Gedanke, der mich heute bewegt
Selten war die „Unterscheidung der Geister“1 so gefragt wie heute: die Unterscheidung zwischen der Angst vor existentiellen Nöten und der Angst vor dem Aufgeben des modernen Irrglaubens der Verfügbarkeit
1 Erster Brief an die Korinther, 12,10
