Christi Himmelfahrt
Liebe Schwestern und Brüder!
Letzte Worte oder Taten von vertrauten Menschen haben besondere Bedeutung. Ich erinnere mich unvergesslich, als mir meine Mutter zum letzten Mal nach meinem Heimkommen fragte, ob sie mir etwas zum Essen richten solle, und ich gewöhnlich schlecht gelaunt einfach nein sagte. Hernach fragte sie mich nie mehr, weil sie diesen ihren so treu erfüllten Dienst nicht mehr zu verrichten mochte. Heute nach fast 20 Jahren denke ich noch, wie mich wohl jenes letzte Abendmahl mir wohl geschmeckt hätte.
Oder denken wir an das letzte Wort von Papst Benedikt XVI kurz vor seinem Sterben: „Signore, ti amo! Herr, ich liebe dich!“ Und von Papst Franziskus werden gewiss seine letzten Taten in Erinnerung bleiben. Vier Tage vor seinem Tod ließ er sich in das Jugendgefängnis Ara Coeli bringen. Als man ihn fragte, warum er das tue, antwortete er mit gebrochener Stimme: „An solchen Orten, frage ich mich immer, warum sie und nicht ich?“ Warum sind sie im Gefängnis und nicht ich? Fragt sich der sterbende Papst. Seine letzte Geste, bevor er dem Tod verfiel, war ein Wink mit der Hand zu seinem Krankenpfleger; es kann auch als ein Segenszeichen gedeutet werden.
Das Evangelium nach Lukas, wir haben es soeben gehört, berichtet uns derartige letzte Worte und ein letztes Zeichen, bevor Jesus in die Geborgenheit Gottes zurückkehrte.
Wie lauten nun Jesu letzte Worte an seine engsten Gefährten? Es mag verwundern, wie er diese Worte einleitet, nämlich: „So steht es geschrieben.“ Diese Ausdrucksweise erinnert an eine uns gewohnte Redeweise. Wenn wir sagen: Es ist so! Oder ich denke, wenn man mit Menschen spricht, die Schwerstes durchzumachen hatten und sie sich abschließend äußern wollten. Ich habe zum Beispiel von direkt Betroffenen des zweiten Weltkriegs öfters die Worte gehört: „Es hat so sein müssen!“ So in etwa würden wir Nachgeborene nie reden. Wir protestieren, suchen nach Ursachen und Schuldigen. Das ist auch wichtig so, schon aus Gründen der Prävention, denn wir tragen Mitverantwortung, das so etwas nie wieder passiert. Jedoch letzte Worte direkt Betroffener klingen anders. Jesus sagt: „So steht es geschrieben! Es hat so sein müssen! Es ist so!“ Weiter lautet es: „Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen.“ Auch diese Ausdrucksform sollte aufhorchen lassen. Jesus sagt nicht: Ich musste leiden und ich bin von den Toten auferstanden. Obwohl es so war; dennoch sagt Er: „Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen.“ Weil dieser Christus, der in die Welt gekommen ist, gelitten hat, gestorben und auferstanden ist, weiterlebt: in den Armen, in den Kranken und Trauernden, in den Verfolgten und Bedrängten, in all jenen, denen das Recht des Lebens durch Kriege, Terror und einer Kultur des Todes genommen wird. Aber dieser Christus lebt vor allem in den Herzen der Gläubigen weiter; in allen, die beten, die ihre Hände und Augen zum Himmel erheben, um Gott die Ehre zu geben, Ihn loben und preisen. Und: Der Christus lebt weiter in seiner Kirche, bei jedem Gottesdienst, wenn wir feierlich nach der Wandlung bezeugen: „Deinen Tod oh Herr verkünden wir, Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“
Aber – es muss gesagt werden – der Christus in uns leidet auch. Warum? Weil der Glaube selbst in den Herzen der Gläubigen verkümmert ist. Denn – wie uns Umfragen immer glauben machen wollen – wie wenige unter den Christen noch an Auferstehung glauben. Wenn dem so ist, dann hat die Kultur des Todes schon in den Herzen Einzug gehalten.
Jesus Christus hat als er über diese Erde geschritten ist, verkündigt, geheilt, er musste leiden, um schließlich getötet zu werden. Dieser Jesus ist auferstanden. Nun möchte Er in und unter uns mit uns gehen, sich mit uns freuen und leiden und er möchte auch mit uns auferstehen. Vom Heilige Apostel Paulus stammen zwei Aussagen, die sich geradezu unglaublich anhören:
„Dein Tod oh Herr soll mich prägen!“ Wie konnte Paulus so etwas sagen? Ja nur weil ihm die Erfahrung zuteilwurde und er es in die Worte zu fassen vermochte: „In Christus sind wir schon auferstanden!“
Liebe Schwestern und Brüder, wie konnte es passieren, dass wir diese wunderbare Zusage von Auferstehung doch über weite Strecken verloren haben? Wie ist es gelungen diese Sehnsucht aufzugeben? Auferstehung bedeutet doch: Gerechtigkeit für alle; bedeutet Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann, den nur der auferstandene Herr zu geben vermag; Auferstehung bedeutet Erlösung, ist die Chance auf ein zweites – ewiges Leben - , welches schon im Hier und jetzt beginnen möchte.
Liebe Schwestern und Brüder, nehmen wir diese letzten Worte, wie wir sie heute zu Christi Himmelfahrt gehört haben, in unser Herz auf: „Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen.“
Jesus hat uns nicht nur letzte Worte hinterlassen, sondern auch ein letztes hohepriesterliches Zeichen. Klaus Berger schreibt: „Segnen ist vornehmlich priesterliche Aufgabe.“ Segnen bedeutet, wie ich es Kindern immer wieder erkläre, Gutes sagen im Namen Gottes. Segnen steht jedoch für viel mehr, nämlich für die Summe der irdischen messianischen Güter. Das betrifft, den ganzen Menschen, sowohl körperlich wie seelisch und geistig. Die Seinen – und das sind heute wir – segnend kehrt Jesus in Himmel zurück.
Jesus lässt uns nicht allein zurück. Er geht zum Vater, um für uns einen Beistand zu erbitten. Sein letztes Angebot! Amen!