Wunsch nach Frieden und Begegnungen
SALZBURG (eds) / Die Dormitio-Abtei der Benediktiner in Jerusalem ist in diesen Zeiten bewaffneter Kämpfe gegen den Terror weiterhin ein Ort „betender Gemeinschaft für den Frieden und für möglichst viel Beruhigung dieser Situation“. P. Simeon Gloger, Bibliothekar, Organist und Kantor im Kloster sowie Studierendenseelsorger für das ökumenische theologische Studienjahr, wünscht sich, „dass das Heilige Land wieder zur Ruhe kommt, dass es hier mehr Sicherheit gibt und, dass wieder Pilgergruppen ins Land kommen können“. Diese Sehnsucht nach friedlichen Begegnungsmöglichkeiten, auch mit Menschen anderer Religionsgemeinschaften, hat der Theologe anlässlich seines Vortrages bei der Salzburger „Ulrich Winkler Lecture“ im Gespräch mit der Kirchenzeitung „Rupertusblatt“ geäußert.
Zehn Jahre in Jerusalem
P. Simeon Gloger lebt seit zehn Jahren in der Dormitio-Abtei. Gerade in dieser Situation sei es der Ordensgemeinschaft wichtig, für die betroffenen Menschen persönlich, aber auch im Gebet da zu sein: „Wir halten unsere Türen offen für Besucherinnen und Besucher.“ Er beschreibt die Situation seit dem 7. Oktober als „im ganzen Land sehr aufreibend“. Die Nachrichtenlage nehme die Gemeinschaft emotional mit. Mit den Pilgergruppen fehlen zudem die Einnahmen von Cafeteria und Shop. „Es gab Raketen aus Gaza auf Jerusalem, die wurden in den ersten Wochen wirklich mehrmals hier in diese Richtung geschossen.“ Die Altstadt mit den muslimischen Heiligtümern sei aber außerhalb des eigentlichen Ziels. „Diese Nähe zu den heiligen Stätten schützt uns. Daher fühlen wir uns in Jerusalem relativ sicher.“ Von den Anschlägen im nahegelegenen Westjordanland und in der Jerusalemer Altstadt, „merkt man eher weniger“. Als erkennbar gläubiger Christ in der Jerusalemer Altstadt unterwegs zu sein, ist für ihn „nach wie vor kein Problem“.
Die Dormitio-Abtei hat mit der „Internationalen Jugend- und Behindertenbegegnungsstätte Beit Noah“ in Tabgha am See Genezareth einen starken interreligiösen Bezug. Derzeit sei religionsübergreifender Kontakt auch in Israel schwieriger: „Man ist vorsichtiger aufgrund der aktuellen Situation.“ Dennoch gebe es „viele gute, schöne Begegnungen, trotz allem“. In Tabgha wurde eine jüdisch-säkular-anthroposophische Gruppe aus der Nähe von Be'er Scheva für mehrere Wochen aufgenommen, die vor dem Raketenalarm geflohen war. „Die hat viel mit den Mönchen dort unternommen. Es war berührend zu sehen, dass es auch so eine Gruppe gibt, die mit so einem christlichen Kloster etwas anfangen kann.“ Zudem gebe es persönliche Freunde, Israelis und Palästinenser, mit denen P. Simeon weiterhin in Kontakt sei.
Vertrauen neu aufbauen
Zwischenmenschlich gebe es viel zu tun, so das Fazit des Benediktiners: „Im Zuge dieser Auseinandersetzung ist hier im Land unglaublich viel Vertrauen zerstört worden. Da braucht es von Grund auf neuen Aufbau an Vertrauen und gegenseitiger Achtung. Viele Seiten sind vorsichtig, noch einmal aufeinander zuzugehen oder etwas gemeinsam zu unternehmen.“ In Jerusalem sei etwa die Trennung zwischen arabischen und jüdisch-israelischen Stadtteilen deutlich. „Es gibt weniger Interaktion“ aufgrund der Sicherheitslage und wegen persönlichem Rückzug gegenüber Andersglaubenden. Es herrsche „große Angst vor Extremen“ in allen Lagern. „Bei der Auseinandersetzung sind Christinnen und Christen Opfer auf beiden Seiten, denn auf israelischer und auf palästinensischer Seite leben Christen“, betonte er. In Jerusalem sei das Bild christlich-konfessionell bunter. Im Gazastreifen lebten etwa 1000 christliche Gläubige, geteilt in Katholische, Griechisch-Orthodoxe und Baptisten. Dort wurden „18 Christen bei Anschlägen getötet. Beim Massaker am 7. Oktober waren vier christliche Gastarbeiter aus den Philippinen unter den Opfern.“ P. Simeon erinnerte zudem daran, dass in Israel auch kleine Religionsgemeinschaften zu Hause sind, wie die Drusen und die Bahá‘i.
Zur Person
Simeon Gloger ist 1988 in Mayen bei Koblenz geboren. Der deutsche Benediktinerpater ist Bibliothekar, Organist und Kantor in der Jerusalemer Dormitio-Abtei mit dem Kloster Tabgha am See Genezareth sowie Studierendenseelsorger für das ökumenische theologische Studienjahr. Die Abtei liegt zwischen West- und Ostjerusalem. Bis zu 5.000 Pilgernde besuchen diese Orte pro Tag. Es wird zudem eine deutschsprachige Auslandsseelsorge angeboten. Seinen theologischen Schwerpunkt legt P. Simeon auf die Verbindung von Liturgiewissenschaft und Exegese des Alten Testamentes. Bei der „Ulrich Winkler Lecture“ gab er einen Einblick in sein Dissertationsprojekt „Der Lobgesang der drei Jünglinge im Feuerofen.“ (Die Bibel, Buch Daniel, Kapitel 3).
(Der Beitrag steht bereits online zur Verfügung: www.rupertusblatt.at/weltkirche/1540/frieden-und-begegnungen)