Ostkirchen-Konferenzen in Rom: Ergebnisse gehen an die Synode
ROM / SALZBURG (kap)/ Zwei Tage lang haben Vertreterinnen und Vertreter der orientalisch-orthodoxen Kirchen vergangene Woche in Rom über ihre Erfahrungen mit Synodalität berichtet. Die Konferenz "Listening to the East - Synodality in Oriental Orthodox Church Traditions" (25./26. November) wurde von der Wiener Stiftung Pro Oriente gemeinsam mit dem Institut für Ökumenische Studien (IES) der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin (Angelicum) durchgeführt. Ein Salzburger Theologen-Team fasst nun gemeinsam mit der libanesischen Theologin Souraya Bechealany sowie dem Jerusalemer Ökumene-Pionier P. Frans Bouwen die zentralen Erkenntnisse der Tagung im Angelicum zusammen, wie der "Pro Oriente"-Informationsdienst (Donnerstag) berichtete.
In das Papier, das nun erarbeitet wird, werden auch die zentralen Ergebnisse einer weiteren Pro-Oriente-Tagung einfließen, die am 23./24. November im Angelicum die Erfahrungen der Kirchen der syrischen Traditionen beleuchtete. Die Zusammenschau wird an das Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen und von diesem an das Generalsekretariat der Synode übergeben.
Wissenschaftlicher Leiter der Tagung war der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler. Er gehört ebenfalls dem Salzburger Team an und unterstrich in seinem Resümee unter anderem, dass die Beteiligung von Frauen und Jugendlichen an kirchlichen Entscheidungsprozessen die Kirchen enorm bereicherten. Damit die Bischöfe bzw. Geistlichen nicht nur um sich selbst kreisten, brauche es entsprechende partizipative Strukturen, die die Beteiligung des ganzen Volkers Gottes ermöglichen. Die synodalen Erfahrungen der orientalisch-orthodoxen Kirchen hätten aufgezeigt, wo dies gut gelinge, wo es freilich aber auch noch Verbesserungsbedarf gebe.
"Synodalität fordert heraus"
Juan Usma-Gomez, stellvertretender Direktor des IES und Abteilungsleiter im vatikanischen Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen, zog zum Abschluss der Tagung zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen ein positives Resümee. "Synodalität fordert heraus", so Usma-Gomez in seinen Schlussworten. Es brauche zum einen Loyalität zur Tradition und zugleich eine stete Erneuerung der Kirche von innen heraus.
Synodalität schreie zugleich nach Kreativität, wenn es darum gehe, dass sich die Kirche immer wieder aufs Neue auf die Nöte und Herausforderungen der Zeit einlässt. Und schließlich brauche es auch immer Realismus und Gelassenheit, denn: Synodalität sei ein Element der pilgernden Kirche auf Erden und nicht der vollendeten Kirche im Himmel, so der Vatikan-Mitarbeiter und Theologe.
Bischöfe und Laien wählen den Katholikos
Der armenisch-apostolische Bischof Armash Nalbandian erläuterte bei der Tagung das konziliare System seiner Kirche. Die administrativen, doktrinären, liturgischen und kanonischen Normen würden durch einen konziliaren, kollektiven und partizipativen Entscheidungsprozess festgelegt und nach Zustimmung des Katholikos als Kirchenoberhaupt umgesetzt. Die Mitbestimmung der Laien komme wohl am deutlichsten bei der Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts zur Geltung. Das höchste Kirchengremium, die Nationale Kirchenversammlung, werde von Klerikern und Laien gemeinsam gebildet, wobei Letztere bei Weitem in der Mehrheit seien. Die Versammlung wählt den Katholikos.
Indische Kirchenverfassung
Prof. Baby Varghese erläuterte in seinen Ausführungen einige Strukturen der Malankara-orthodoxen Kirche in Indien. So gibt es neben der Bischofssynode die Einrichtung der "Malankara Syrian Christian Association" (MSCA). In dieser sei jede Pfarre durch einen Priester und einen oder mehrere Laien vertreten, die wiederum von den Pfarrversammlungen gewählt werden. Die MSCA wählt die Bischöfe und auch das Kirchenoberhaupt, den Katholikos. Dabei müssten Kandidaten sowohl mindestens 50 Prozent der Stimmen der Kleriker wie auch der Laien bekommen, um als gewählt zu gelten.
Die MSCA wählt auch das Managing Committee, das gesamtkirchliche Aufgaben wahrnimmt, und in dem ebenfalls Geistliche und Laien vertreten sind. Schließlich sind dem Katholikos in finanziellen Angelegenheiten auch noch zwei Treuhänder zur Seite gestellt, ein Priester und ein Laie.
Zwar hätte die Bischofssynode von den Statuten her auch die alleinige Befugnis, in Glaubens- und Kirchenfragen zu entscheiden, in der Regel werde aber das Managing Committe in den Konsultationsprozess eingebunden, so Varghese.
Der indische Theologe räumte ein, dass Frauen bis vor kurzem in der Kirchenadministration keine offizielle Rolle spielten. Seit gut zehn Jahren sei dies aber anders und sie seien zumindest in den einzelnen Gremien auf Pfarrebene gleichberechtigte Mitglieder. Varghese zeigte sich zuversichtlich, dass die Kirchenverfassung bald dahin gehend geändert werden könnte, dass Frauen auch Zugang zu Mandaten auf Diözesanebene und auf gesamtkirchlicher Ebene erlangen.
Frauen fordern mehr Rechte
In ihrem Vortrag über Erfahrungen von Synodalität mit Blick auf die Frauen in der Malankara-orthodoxen Kirche bemängelte die indische Theologin Mercy John, dass die Kirche die intellektuellen Fähigkeiten und die praktische Weisheit der Frauen nicht richtig nutze und sie manchmal ins Abseits stelle. "Obwohl wir vollwertige Mitglieder der Kirche sind, dürfen wir nicht an allen Aspekten ihres Lebens und Zeugnisses teilnehmen", so John. Auf der anderen Seite "haben wir in diesem Bereich einen Zugang oder eine Akzeptanz, die konkret und fest ist", so die Theologin. Die Heilige Dreifaltigkeit sei ein Paradebeispiel für Gegenseitigkeit, Wechselseitigkeit und dynamisches Handeln, was mit dem theologischen Fachbegriff der Perichorese bezeichnet werde. Gleichzeitig sei jedes Mitglied des Leibes Christi für das reibungslose Funktionieren der Kirche unerlässlich. "Wir alle sind dazu berufen, den Dienst und die Mission Christi auf der Erde fortzusetzen", so John. Daher könne das Konzept der Perichorese "eine dynamische Metapher für unsere gemeinsame Reise sein", sagte die Theologin.
Konziliarität in der Koptischen Kirche
Der koptisch-orthodoxe Bischof Anba Kyrillos erläuterte, dass es den Begriff "Synodalität" in der Koptischen Kirche so nicht gebe. Die bestimmenden kirchlichen Prinzipien ließen sich am besten mit den beiden Begriffen von Konziliarität und Liturgie fassen. Im Blick auf das Prinzip der Konziliarität habe der Papst-Patriarch als Kirchenoberhaupt nicht die alleinige Autorität, Entscheidungen oder Dekrete zu treffen, die die ganze Kirche betreffen, ohne die Zustimmung des Heiligen Synods. Jedes Mitglied des Synods habe eine gleichwertige Stimme und bringe "als Sprachrohr des Heiligen Geistes" die "Heilige Apostolische Tradition" zum Ausdruck, so der Bischof. Wie beim Apostelkonzil in Jerusalem bestehe der Zweck jedes Konzils darin, diese Tradition zu klären, zu bewahren und zu verteidigen.
In Bezug auf die Liturgie könne Synodalität durch Harmonie und Interdependenz verstanden werden. Die Harmonie des Volkes Gottes hänge von ihrer Vereinigung mit Christus ab, nicht nur sakramental, sondern auch durch das Wirken des Heiligen Geistes im Leben der Gläubigen. Ebenso wie der Bischof der Hirte der von Christus eingesetzten Herde sei, sei er auch ein Mitglied dieser Herde. Darüber hinaus könne ein Bischof oder Priester die eucharistische Liturgie nicht ohne die Anwesenheit eines Diakons feiern, da die Eucharistie Gemeinschaft sei. Die Gläubigen seien auch in erheblichem Ausmaß an der Auswahl und Bestätigung der Bischöfe sowie des Papst-Patriarchen beteiligt, so Anba Kyrillos weiter.
Die Konferenzen standen unter der gemeinsamen Schirmherrschaft von zwei vatikanischen Körperschaften: dem Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen und dem Generalsekretariat der Synode.