Kreativ und begeisternd die Welt verbessern
Von Andrea Huttegger
„Vor einigen Jahren wollte ich unbedingt die Welt verbessern“, sagt Erik Schnaitl. Dabei sei er ziemlich konsequent und auch verbissen ans Werk gegangen. „In dieser Zeit habe ich mir nicht viele Freunde gemacht“, blickt der gebürtige Oberösterreicher in seine Vergangenheit. Exzessives Wastediving (Mülltauchen), Radeln bei jedem Wetter – Hauptsache nicht mit dem Auto fahren – und politisches Engagement bestimmten den Alltag des heute 38-Jährigen. Er war von seinen Ideen überzeugt und testete gerne die eigenen Grenzen aus. Für das Projekt „fairkehr“ erhielten Schnaitl und seine Mitstreiter 2010 in Salzburg den Leopold-Kohr-Preis.
Mittlerweile ist Schnaitl ruhiger und nach eigenen Worten gelassener geworden. „Ich habe immer noch meine Überzeugungen, will aber nicht missionieren und schon gar nicht verurteilen.“ Was der Öko-Aktivist aber weiterhin möchte: andere Menschen begeistern, und das mit Kreativität, Humor und hin und wieder darf ein Quäntchen Provokation mit im Spiel sein. „Ich hätte noch sehr viele Ideen“, grinst Schnaitl, der beim Projekt „fairkehr“ immer wieder mit sogenannten Gehzeugen die Blicke der Passanten in Salzburg auf sich zog. Ziel war es, dass Menschen über ihre eigene Mobilität nach- bzw. diese überdenken. „Das heißt nicht, dass niemand mehr Autofahren darf. Es geht um einen bewussteren Umgang damit“, betont Schnaitl, der seine Wege so plant, dass er sie hauptsächlich mit dem Rad zurücklegen kann. Wobei, ganz ohne Auto geht es auch für ihn nicht. Die Zeiten, in denen er bei Schneesturm und Eiseskälte kilometerweit radelte seien vorbei. „Ein konsequent nachhaltiger Lebensstil kann schon energieaufwändig sein. Vielleicht wäre es anders, wenn mehr Menschen auf diese Weise ihren Alltag gestalten würden“, meint Schnaitl nachdenklich. „Heute bin ich nicht mehr so streng mit mir selber.“ Auch wenn sich die Einstellung dem eigenen Handeln gegenüber etwas verändert hat, sind die Themen, für die er brennt, dieselben geblieben: Die Beziehung zwischen Mensch und Natur sowie die Schöpfungsverantwortung beschäftigen den ehemaligen Sportwissenschafts-Studenten täglich.
Möglichst unabhängig sein
Sein neues Herzensprojekt ist der Verein Erdling, den er mitinitiiert hat. In Salzburg und Umgebung werden Flächen angepachtet, auf denen eine gemeinsame Landwirtschaft entsteht. „Ziel ist es, so unabhängig wie möglich zu werden. Der Ganzjahresbedarf an qualitativ hochwertigem Obst und Gemüse für etwa 150 Personen soll gedeckt sein“, sagt Schnaitl. Momentan hat der Verein Erdling rund 60 Mitglieder. Die Hobbylandwirte sind Lehrer, Juristen, Pensionisten, Ex-Politiker, Studenten oder Angestellte. „Gemeinsam mit erfahrenen Gärtnern sollen die Ernteerträge aufgeteilt und das Risiko für Ernteausfälle übernommen werden.“ Schnaitl strahlt, wenn er vom Karottenernten und den 20 hochstämmigen Obstbäumen, die im Vorjahr schon gepflanzt wurden, erzählt. „In der Landwirtschaft lerne ich wahnsinnig viel, z. B. über die Saatgutvermehrung. Dieses Wissen ist wichtig, damit wir nicht die ganze Macht an die Großkonzerne abgeben“, ist Schnaitl überzeugt. „Nichtwissen macht ohnmächtig!“
Alle zwei Wochen kommt der „Erdrat“ zusammen. Bei diesem Treffen wird beraten, diskutiert und es werden Regeln beschlossen, z. B. dass jedes Mitglied mindestens fünf Halbtage im Jahr in der Landwirtschaft mitarbeiten soll. Die Mitgliedsbeiträge werden selbst eingeschätzt. Der durchschnittliche Beitrag liegt momentan bei 230 Euro. Dafür sollen die Mitglieder bald regelmäßig frisch geerntete Lebensmittel bekommen.
Selber produzieren
Woher kommen unsere Lebensmittel? Und welchen Bezug haben die Menschen zu ihnen und zur Natur generell? Diese Fragen begleiten Erik Schnaitl seit langem. „Ich will wissen, wo meine Karotten, die Äpfel und das Fleisch herkommen. Und dafür genügt es mir nicht, alles beim Biobauern einzukaufen. Ich will selber produzieren“, sagt der Aktivist.
Nun wollen die Mitglieder des Vereins noch mehr Flächen rund um Salzburg pachten, auf denen sie Obst und Gemüse anbauen können. „Am besten wären Flächen neben gut frequentierten Wegen, um mehr Menschen zu erreichen“, so Schnaitl. Zudem ist eine Kleintierhaltung angedacht.
Auch wenn Schnaitl mittlerweile leiser geworden ist und sich manchmal etwas „ernüchtert“ fühlt, schwingt der Wunsch, die Welt ein bisschen besser zu machen, in seinen Worten mit. „Mein Masterplan ist, Menschen zu begeistern. Mit der Landwirtschaft soll ein sozialer Ort geschaffen werden, an dem Begegnungen und Gespräche stattfinden. So kann viel Gutes und Neues entstehen, ganz ohne Druck“, freut sich Schnaitl.
Mehr Infos unter: <link http: www.erdling.at>www.erdling.at.
Bild: Der Verein Erdling ist das neue Herzensprojekt von Erik Schnaitl. Bild: BB/Stefanie Schenker.
Dieser Beitrag ist im MOMENT erschienen. Das MOMENT ist eine monatliche Beilage der Diözese Innsbruck und der Erzdiözese Salzburg in der Tiroler Tageszeitung. Die gesamte aktuelle Ausgabe können Sie <link file:5459 _blank download file>hier nachlesen.